JAKKO M. JAKSZYK The bruised romantic Glee Club *******

CD 1
01. The bruised romantic Glee Club (Jaksyk), 02. Variations on a Theme by Holst, 03. Catley´s Ashes, 04. When Peggy came home, 05. Highgate Hill, 06. Forgiving (Fripp, Jakszyk), 07. No one left to lie to (Jaksyk), 08. The Things we throw away (Connah), 09. Doxy, Dali and Duchamp (Jaksyk), 10. Srebenica, 11. Wen we go home
CD 2
01. s long as he lies perfectly still (Wyatt, Ratledge), 02. That still and perfect Summer (Jakzsyk), 03. Astral Projection in Pinner (Dave Stewart), 04. Pictures of an indian City (Fripp, Sienfield), 05. Nirvana for Mice (Frith), 06. Islands (Fripp, Sinfield), 07. The Citizen King (Tim Hodgkinson), 08. Soon After (Jakszyk)

Jakko M. Jakszyk - voc, g, bg, keyb, progr; Mel Collins - ss, as, ts, fl; Robert Fripp - g, Mark King, Nathan King - bg, Danny Thompson - b, Gavin Harrison - dr, Hugh Hopper - bg, Dave Stewart - p, org, keyb, progr; Ian MacDonald - fl, Ian Wallace (1946-2007) - dr, John Giblin - bg, b; Gary Barnacle - fl, ss, ts; Clive Brooks - dr, Pandit Dinesh - tabla, Caroline Lavelle - cello, Helen Kaminga - viola, Lyndon Connah - p

rec. 2006
Toma Distribution ICNCD 2007
www.jakko.com

Analog den Zappa Cover Bands schält sich vorsichtig auch eine Kanonisierung des britischen Art Rock heraus, die Idee mithin, die mitunter ja prächtigen Kompositionen des Genres nicht mehr nur in ihren ãhistorischen“, in ihren Archiv-Fassungen ruhen zu lassen, sondern sie bühnentauglich und damit Hörern live erfahrbar zu machen, denen nicht die Gnade der "frühen Geburt" vergönnt war.
Eben weil sich dabei Musiker von manchmal nicht ausreichender Kompetenz gegen definitive Originale meinten behaupten zu können, fällt die Bilanz am Beispiel Zappa einstweilen zwiespältig aus.
Die Beschäftigung mit
King Crimson hat solchen Umfang noch lange nicht erreicht, die beiden Hauptexponennten - die 21st Century Schizoid Band sowie das Crimson Jazz Trio sind mir klanglich unbekannt, aber dieses neue Album des englischen Gitarristen Jakko M. Jakszyk gehört zweifelsfrei in diese Kategorie.
Jakko M. Jakszyk (geb. 1958 in London als Michael Lee Curran, Jakszyk ist der Familienname seiner Adoptiveltern, die hier textlich eine Rolle spielen, er ist mit einer Tochter des ur-Crimson-Schlagzeugers Michael Giles verheiratet) gehört zur 21st Century Schizoid Band, er steht auch im Hinblick darauf mit Robert Fripp in Kontakt - und letzterer spielt auf diesem Album nicht nur als Gast mit, es werden auch zwei seiner frühen Stücke für King Crimson interpretiert, "Pictures of an Indian City" und "Islands". Zwei frühe Henry Cow-Stücke sind ebenso dabei ("Nirvana for Mice" und "The Citizen King"), aber die brillanteste Formulierung der Idee, Art Rock Songs wie Jazz-Standards zu behandeln, gelingt mit Soft Machine´s very own "As long as he lies perfectly still" aus Album "Two" von 1969.
Mit Ausnahme einer a capella-Einleitung für die vier Flöten und zwei Saxophone von Gary Barnacle (arrangiert von Dave Stewart) hält Jakko sich eng ans Original, inklusive der verzerrten Baßgitarre von
Hugh Hopper - ja, sogar das jugendliche Timbre des Sängers Robert Wyatt trifft Jakko gut. Er führt das Stück fast unmerklich im 7/8-Takt in sein kurzes "That still and perfect Summer", es klingt rubato aus in den vielen rückwärts laufenden Sounds von Dave Stewart´s "Astral Projection in Pinner".
Es folgt eine Neu-Interpretation von King Crimson´s "Pictures of an Indian City" mit dem schönen Kunstgriff, dem Titel entsprechend einen
indischen Tablaspieler einzusetzen und obendrein in der indischen Trommelsprache Konakol vokalisieren zu lassen. "Nirvana for Mice" und "The Citizen King" stammen aus dem Henry Cow Songbook, wobei ersteres mit seinem Gitarren-Solo über einem 21/8-Takt so zeitgenössisch wirkt, als hätten Allan Holdsworth und Gary Husband daran mitgewirkt - erst die nostalgisch eingestreuten Mellotron-Akkorde rücken die zeitliche Dimension zurecht.
CD 2, der eindrucksvollere Teil dieses Projektes, trägt den Arbeitstitel "then" (damals), es ist eine Hommage an die Zeit, die der - immer noch -
Level 42-Gitarrist Jakko M. Jakszyk nicht aktiv, sondern als jugendlicher Fan erlebt hat.
CD 1 ("now") fällt disparater aus; Jakko kann mit seinen eigenen Arbeiten kaum an den Standard der Altvorderen anknüpfen.
Wüßte man nichts von den Intentionen des zweiten Teiles, könnte man insbesondere zwei Stücke als raffiniertes Jonglieren mit Einflüssen von King Crimson und Henry Cow auffassen: in "Catley´s Ashes" ist
Mel Collins (ja, der aus der "Harald Schmid Show") in großer Form, Jakko wechselt zwischen 7/8 und 8/8-Figuren und schiebt wieder das bewährte Mellotron ein. "Forgiving" klingt nicht nur nach King Crimson, es enthält auch Gitarren-"Soundscapes" von Robert Fripp sowie einen Text von Jakko über seinen verstorbenen Vater, den ein John Wetton nicht anders sänge.
Überhaupt fällt auf, dass insbesondere von King Crimson einiges an "Original"-Personal versammelt ist.
Dieser erste Teil des Doppelalbums ist insbesondere autobiographisch gefärbt; unter den Kompositionen, die sich nicht dezidiert am Art Rock der 70er Jahre orientieren, ragt insbesondere "Highgate Hill" heraus, eine Art Marsch-Shuffle, wie man ihn auch bei
XTC vermuten dürfte.
Ja, wer ist
Jakko M. Jakszyk? Ein sehr begabtes Chamäleon - eine sehr, sehr britisches. Und nicht zuletzt das macht seine Arbeiten so liebenswert.Wer ein Ohr hat für die Traditionslinie seiner Idole, der wird hier bestens bedient.
(Ganz abgesehen davon, dass diese Produktion seit Jahren überhaupt mal wieder Töne von
Dave Stewart enthält.)

erstellt: 28.04.07

©Michael Rüsenberg, 2007, Nachdruck verboten