STEVE KAHN The Suitcase - Live in Köln ´94 *********

CD 1
01. Where´s Mumphrey? (Khan, Jackson, Jordan, Badrena), 02. What I´m said (Kahn), 03. Blue Zone 41, 04. Melancholee (Lee Morgan), 05. Played Twice (Monk), 06. The Suitcase (Khan, Jackson, Jordan, Badrena), 07. Dr. Slump (Khan), 08. Blades
CD 2
01. Guy Lafleur (Khan), 02. Uncle Roy, 03. Eyewitness, 04. Capricorn (Shorter), 05. Dedicated to you (Cahn, Chaplin, Zaret), 06. Caribbean Fire Dance (Joe Henderson), 07. Mr. Kenyatta (Lee Morgan)

Steve Khan - g, Anthony Jackson - bg, Dennis Chambers - dr

rec 17.05.1994
ESC Records 3722-2; LC 01263

Lange vor dem Veröffentlichtungstermin dieser Produktion, im Frühjahr 2008, wurde Steve Khan darauf angesprochen. Ein Fan zog ihm eine Kopie, nachdem er das Album 2004 in Japan gekauft hatte; zuletzt legte sie ein junger Gitarrist in den CD-Player seines Wagens, während er das amerikanische Vorbild durch seine Heimatstadt Medellin/Kolumbien chauffierte.
Khan hätte es beim
Bootleg-Status belassen können, hätte nicht die Begeisterung der anderen auch ihn ergriffen, nachdem er sich jene Aufzeichnung eines Konzerts im Stadtgarten Köln, im Rahmen der ersten Musiktriennale, wieder und wieder studiert hatte. Die Erinnerung daran war positiv, tatsächlich aber hatte er sich das ursprüngliche DAT-Band davon niemals wieder angehört.
Jetzt ist die lizensierte Veröffentlichung da, und der Gitarrist wertet sie - ebenso wie der Rezensent - als Abschluß des großen Kapitels "Steve Khan, 1981 bis 1993". Davor und danach - fügt freilich der Rezensent mit Nachruck an - hat er nichts mehr von vergleichbarer Qualität herausgebracht.
"Steve Khan, 1981 bis 1993" ist ein eigenes Kapitel in der Geschichte des Jazzrock, das denjenigen, die die Gattung insgesamt in die Tonne zu treten pflegen, zumeist verborgen geblieben ist.
Es markiert einerseits den Aufstieg eines Gitarristen zu eigener Stilistik, der bis dato als Studiomusiker und Bühnenpartner verschiedener Größen (u.a. Brecker Brothers, Larry Coryell) wenig aufgefallen, und zugleich die Abkehr vom Diktat der gedrechselten Themen, wie sie in der Nachfolge des Mahavishnu Orchestra zum Klischee erstarrt waren. Dies geschah in bislang bemerkenswerter Weise zugunsten der Parameter
Groove und Interaktion.
Die ursprüngliche Rhythmusgruppe Anthony Jackson/
Steve Jordan war ein dream team der Gattung, Jackson/Chambers rangieren in der gleichen Liga, mit anderen Akzenten, vor allem bedingt durch den erheblich "geschäftigeren" Schlagzeuger.
"Live in Köln ´94" enthält manche Stücke der Frühphase, aber auch solche, anderen Studiofassungen Dennis Chambers (oder auch Dave Weckl) beteiligt waren.
Legendär und vorbildhaft sind die "offenen"
Shuffles, weiträumig von Anthony Jackson angedeutet und bis unters Dach vollgepackt mit Aktionen von Dennis Chambers (z.B. "What I´m said"). Es gibt jede Menge Tempowechsel, drum-soli gegen riffs ("Guy Lafleur", "Uncle Roy“" u.a.), metric modulations ("Where´s Mumphrey?", "Caribban Fire Dance"), Police-Einflüsse ("The Suitcase"), Standards und immer wieder Ausscheren aus binären und ternären Funk-Patterns zugunsten von swing.
Es war die adäquate Umgebung für einen Gitarristen, der hier wirkungsvoll seine eigene Stimme zum Ausdruck bringt, in ihrer sehr spezifischen Art, sozusagen solistisch Rhythmusgitarre zu spielen.
Ein Standard für alle, die hören & studieren wollen, wie eine der schönsten Tugenden des Jazz, die Interaktion, zu brillieren vermag.


erstellt: 09.05.08

©Michael Rüsenberg, 2008, alle Rechte vorbehalten