JOSHUA REDMAN James Farm *****

01. Coax (Penman), 02. Polliwog (Joshua Redman), 03. Bijou (Aaron Parks), 04. Chronos, 05. Star Crossed (Redman), 06. 1981 (Penman), 07. I-10 (Harland), 08. Unravel (Parks), 09. If by Air (Redman), 10. Low Fives (Penman)

Joshua Redman - ss (10), ts, Aaron Parks - p, keyb, Matt Penman - b,
Eric Harland - dr

rec 26.-29.08.2010
Nonesuch 7559-79778-0; LC 00286

Vom Papier her ist dies, naja, nicht unbedingt ein Dreamteam oder eine All Star-Besetzung, aber doch schon ganz ordentliches Kino. Redman, Penman (ja, der von Root 70) und Harland kennen sich seit 2004, aus dem SF Jazz Collective; die Rhythmusgruppe hat 2008 bei dem nicht ganz unbegabten Aaron Parks auf dessen Debütalbum „Invisible Cinema“ mitgewirkt.
Es lag also schon ein gewisser Erfahrungsschatz vor, als die vier in dieser Besetzung 2009 beim Montreal Jazz Festival erstmals als Ensemble antraten. Wir haben hier mithin nicht ein Projekt vor uns, das erst später auf der Bühne seine Studio-Vorgaben in Form bringen muß - „James Farm“ klingt überraschenderweise allerdings so.
cover-james farmInsbesondere, wenn man den Beitrag von Eric Harland erreicht hat, „I-10“, fragt man sich, was denn stilistisch eigentlich das Anliegen dieser Truppe ist. „I-10“ ist Jazzrock, das hat man auch schon zuvor gehört: im poppigen „1981“ oder in der Suite „Chronos“, die Aaron Parks erneut, wie manches auf „Invisible Cinema“, in Verwandtschaft zu Return To Forever angelegt hat.
Auch hat man durchaus so manche formidable Figur der Rhythmusgruppe gehört, die Kraft von Eric Harland, das wunderbare timing von Matt Penman, ihr sicheres accelerando und ritardando in der Ballade „Star Crossed“.
„I-10“ aber fällt aus dem Rahmen: zuerst werden auf Harlands hi-hat die Tiefen weggefiltert, dann kippt die ganze Band in die TripHop-Kiste. Ende der 90er wäre das hip gewesen, wie seinerzeit bei Kurt Rosenwinkel, Eivind Aarset, Joni Mitchell, Gary Willis, Andy Milne und und und... 2010 aber mutet es anachronistisch an, zumal wenn es quasi frei in der Landschaft steht und ihm einfach auch der nötige Biss fehlt.
„I-10“, mit anderen Worten, bringt den Eindruck auf den Begriff, den man latent die ganz Zeit hat: „James Farm“ ist Stückwerk vier verschiedener Komponisten, es hat eindrucksvolle Momemte (meist seitens der Rhythmusgruppe), aber keine gemeinsame Linie, die Teile summieren sich nicht zu einem Ganzen.
Vielleicht erzeugte ein Live-Album einen anderen Eindruck, denn auf der Bühne läßt sich ein Eric Harland nicht so zähmen.

erstellt: 29.04.11
©Michael Rüsenberg, 2011. Alle Rechte vorbehalten