HARVEY MASON Chameleon *****

01. Black Frost (Bob James, Grover Washington), 02. Montara (Bobby Hutcherson), 03. If I ever lose this Heaven (Sawyer, Ware), 04. Looking back (Mason, de Clive-Lowe, Paul Jackson), 05. Before the Dawn (Patrice Rushen), 05. Studio Life, 06. Places and Spaces (Mizell), 07. Either Way (Harvey Mason), 08. Mase´s Theme (Mason, de Clive-Lowe), 09. Studio Life 2, 10. Chameleon (Mason, Hancock, Maupin, Jackson), 15. Looking forward (Mason, Perret, Jackson)



Harvey Mason - dr, Kamasi Washington - ss, ts, Corey King - tb, synth,  voc (7), Matthew Stevens - g, Kris Bowers - ep, Ben Williams - bg, Paul Jackson - bg, Bill Summers - perc, Mark de Clive-Lowe - ep, synth, Jimmy Haslip - bg, Chris Turner - voc (3), Christian Scott - tp, Guilleaume Perret - ts, keyb (15), John Beasley - p (15)

rec. 2013 (?)
Concord Records CRE-342113-02

Obwohl er weit herumgekommen ist, wird Harvey Mason, 67, immer wieder auf ein Ereignis reduziert: auf seine Mitwirkung an Herbie Hancock´s bahnbrechendem Album „Headhunters“, 1973.
Er selbst wirkt an dieser Legendenbildung mit. Hatte er sich vor 10 Jahren erfolgreich von diesen spezifischen Funk-Fesseln mit einem abwechslungsreichen Album befreit („With all my Heart“), winkt er jetzt wieder mit dem akustischen Zaunpfahl.
Und fügt außer Marginalien nichts einem Genre hinzu, das zwar klangtechnisch ein wenig gewandelt ist, aber im Prinzip immer noch in den Spuren von vor 40 Jahren steckt.
Mit anderen Worten, wer des Jazzfunk überdrüssig ist - der braucht die Lektüre nicht fortzusetzen, geschweige denn zuhören.
cover-mason-chameleonAber, wer „ein Ohr hat“ für die dunklen Akkorde, die vokalisierten Themen, den zart-bitteren Schmelz der Sänger (das fabelhafte Album „Soul on Jazz“, 2001, des Earth, Wind & Fire-Sänger Philip Bailey drängt sich auf), an keyboard-Fahnen im Hintergrund, an cheesy Orgelklängen, an sanften riffs und delikat federndem Funk, der wird hier gut unterhalten.
Und die Freunde der snare drum-Technik müssen sowieso zuhören: Harvey Mason ist einer der großen snare drum-Spezialisten - er weiß das und kostet es weidlich aus. Man höre sich beispielsweise seine Einschübe, Verzierungen und Akzente auf dem düster groovenden „Montara“ von Bobby Hutcherson an oder in „Places and Spaces“ der Gebrüder Mizell, die paradigmatisch stehen für einen luftig-leichten Funk, den man mit Grandezza spielen muss, sonst kippt er in den Schmusejazz. Das ist hier nicht der Fall.
Selbst nicht in Mason´s Eigenkreation „Either Way“, die im Grunde in das Genre der sogenannten Fahrstuhlmusik gehört; bloß, dass kein entsprechender Produzent einen solchen Aufwand mit den Drum-Strukturen triebe.
Wer sich eingehört hat, erkennt die Details.
Ja, und dann das alte Schlachtross „Chameleon“: die Pygmaen-Flöte aus „Watermelon Man“ setzt Bill Summers nun auch hier ein, das Stück wackelt einen anderen Funk-Groove, der einzige Langeweiler ist Kamasi Washington, der einen leidenschaftslos-trockenen Ton pflegt.
Ben Wendel (Kneebody) hat das Stück arrangiert und ihm eine Riff-Coda spendiert, in welcher der Bandleader noch einmal mit einigen snare-Figuren glänzen darf.
Warum man 4 kurze Leer-tracks lang auf den Bonustrack mit der Nummer 15 warten muss, ist ein Rätsel. Es lohnt sich eh nicht. „Looking Forward“ ist ein um 180 Grad falscher Titel für ein Stück, das als einziges hier vollends in den alten Spuren versinkt.
Das Personal ist nicht unprominent; Christian Scott ist dabei und zwei aus seiner Entourage (Corey King und Matthew Stevens), der Yellowjackets-Bassist Jimmy Haslip sowie die beiden Headhunters Paul Jackson und Bill Summers.
Mit deren krampfhaften Headhunters-Reunions hat die Eleganz eines Harvey Mason allerdings wenig zu tun.

erstellt: 25.04.14
©Michael Rüsenberg, 2014. Alle Rechte vorbehalten