TINGVALL TRIO Beat **


01. Den Gamla Eken (Tingvall), 02. Hamen, 03. Spöksteg, 04. Beat, 05. Cowboy, 06. I Skuggorna, 07. Heligt, 08. På Andra Sidan, 09. Beat Train, 10. Vägskäl, 11. Tres Bandidos, 12. Den Vilsna Tomten

Martin Tingvall - p, Omar Rodriguez Calvo - b, Jürgen Spiegel - dr, perc

rec. 02/2014
Skip Records SKP 9137-2, LC 10482

PHRONESIS Life to Everything ******


01. Urban Control (Eger), 02. Phraternal (Neame), 03. Behind Bars (Høiby), 04. Song for Lost Nomads (Neame), 05. Wings 2 the Mind (Høiby), 06. Nine Lives, 07. Deep Space Dance (Neame), 08. Herne Hill (Eger), 09. Dr Black



Ivo Neame - p, Jasper Høiby - b, Anton Eger - dr


rec. 16.+17.11.2013

Edition Records EDN050


Das also ist der Herr Tingvall. Ein für die Jazzgeschichte höchst verdienstvoller Mann - glaubt man dem SZ-Feuilletonchef:
„Man muss Tingvall zu Gute halten, dass er den Jazz von allerlei befreit hat, von Genregrenzen beispielsweise, vom Zwang des Progressiven“.
Ach ja, haben wir gar nix von mitgekriegt und dachten doch immer, das sei schon vor Jahrzehnten geleistet worden.
In Amerika. Beispielsweise von einem Herrn Miles Davis. Und die Befreiung „vom Zwang des Progressiven“ durch ganze Heerscharen von Schmusejazzern.
Die Arbeit jedenfalls war längst getan, als 1974 in Südschweden Martin Tingvall geboren wird - der 40 Jahre später nicht nur in einer Münchner Redaktionsstube ein solches Echo erzeugt.
Apropos Echo, den gleichnamigen, zweitfragwürdigsten aller deutschen Jazzpreise hat Tingvall auch dreimal „gewonnen“. Mit seinem Trio, das nicht nur laut SZ  „gerne mit EST verglichen“ wird.
„Es ist inzwischen auch ähnlich erfolgreich“.
cover-tingvallAber hier müssen wir, ausgerechnet in JC, eine Lanze für Esbjörn Svensson (1964-2008) brechen; der war denn doch mit EST von anderem Kaliber, hier haben wir bestenfalls einen EST-Nachschmecker vor uns.
Und wir würden gern Zeuge, wie Bobo Stenson ob der Darbietungen seines früheren Schülers Tingvall die Augen verdreht, der in der suggestiven Melodik der schwedischen Vorlagen zerfliesst, was ihm dank seines künstlerischen Geschicks nie unterläuft.
Tingvall hat die Musik zu „Tatort“ und verschiedenen Fernsehfilmen komponiert, seine Themen scheinen dort entnommen, hier werden sie lediglich um Improvisationen erweitert, die kaum je Erkundungen, sondern lediglich lautere Variationen sind.
Selbst wenn, wie in „I Skuggnorna“, die linke Spielhand mal Akkorde a la McCoy Tyner greift, geschieht das in einem Kontext, der rhythmisch denkbar weit von der Bezugsquelle entfernt ist.
Und noch eine Lanze an dieser Stelle, für den SZ-Feuilletonchef, in seiner Kritik (SZ 30.07.14) sagt er eben auch, Tingvall habe „den Jazz auch von allem befreit, was irgendwie aufregend sein könnte“.
War nicht auch diese Arbeit schon vor 1974 geleistet?
cover-phronesisWie man den EST-Einfluss nicht leugnen, aber zu einem eigenständigen Ausdruck finden kann, dafür stehen die britisch-dänisch-schwedischen Phronesis exemplarisch.
Eine ganze Weile fungierten sie in dieser Besetzung auch als Begleiter des norwegischen Saxophon-Überfliegers Marius Neset.
Das sagt vieles über den handwerklichen Standard, den wir hier erwarten können.
Von der Rhythmusgruppe wie der aus Jasper Høiby (aus Dänemark) und dem schwedischen Drummer Anton Eger (ein Django Bates-Schüler aus dessen Kopenhagener Jahren) hätte Esbjörn Svensson träumen können.
Das Album eröffnet Høiby mit kraftvollem, sauber intoniertem und holz-warmem Ton, der ihn in die Liga amerikanischer Bassisten wie Reuben Rogers oder Eric Revis stellt. Anton Eger hat wie kaum ein zweiter die Agilität der drum´n´bass-Rhythmen jazzmäßig ausgewertet. Und Ivo Neame, ursprünglich als Altsaxophonist ausgebildet, hat auf seinem früheren Zweit-Instrument ein Niveau erspielt, das ihn einem Kit Downes ebenbürtig macht.
„Once in, there´s no coming up for air“, beschreibt down beat sehr treffend dieses fünfte Album von Phronesis, live mitgeschnitten beim London Jazz Festival 2013.
Ja, das Trio lässt einem kaum Zeit, Luft zu holen, dermaßen toben, jagen, tänzeln die patterns. Die drei sind geradezu ostinato-vernarrt, sie schreiben wie mit einer Feder, es bleibt wenig Raum, um stilistische Unterschiede zwischen den Autoren zu markieren.
Man wünschte sich, in diesem Sturm fände einer Mut & Muße innezuhalten - um eine Ballade auszubreiten.

erstellt: 31.07.14
©Michael Rüsenberg, 2014. Alle Rechte vorbehalten


 

 

 

 

 

 

Down BeatWikipedia: Down Beat is an American magazine devoted to "jazz, blues and beyond", the last word indicating its expansion beyond the jazz realm which it covered exclusively in previous years. The publication was established in 1934 in Chicago, Illinois. It is named after the "downbeat" in music also called "beat one" or the first beat of a musical measure.