JEFF BECK Emotion & Commotion ******

01. Corpus Christi Carol (Benjamin Britten), 02. Hammerhead (Jeff Beck, Jason Rebello), 03. Never Alone (Rebello), 04.Over the Rainbow (Arlen, Harburg), 05. I put a Spell on you (Jay Hawkins), 06. Serene (Beck, Rebello), 07. Lilac Wine (James Shelton), 08. Nessun Dorma (Puccini),09. There´s no other Me (Rebello, Joss Stone), 10.
Elegy for Dunkirk (Marianelli)


Jeff Beck - g, Vinnie Colaiuta, Alessia Mattalia, Clive Deamer, Earl Harvin - dr, Jason Rebello - keyb, Tal Wilkenfeld, Pino Palladino, Chris Bruce - bg, Joss Stone, Olivia Safe, Imelda May - voc, Luis Jardim - perc, Steve Lipson - progr, Pete Murray - arr

rec. ?.2009
Warner/Atco 8122-79811-0; LC-Nr 02982

Dieses Album markiert den größten Umbruch in einer über 40jährigen Karriere: zum ersten Mal veröffentlicht Jeff Beck nicht mehr auf Epic, zum ersten Mal begleitet von einem Orchester.
Yes folks, das ist stellenweise großes Kino, noch dazu eine Vorstellung von schier unglaublicher Kontinuität: denn ob dieser Mann die Yardbirds antreibt oder einen Schmachtfetzen aus Pavarottis Repertoire intoniert („Nessun Dorma“) - aus allem spricht El Becko, ein unvergleichlicher Gitarrenklang, ein unverwechselbarer Personalstil. Keiner kann Töne so modulieren, so stehen oder absaufen lassen wie der bald 66jährige Geoffrey Arnold Beck aus Wallington im London Borough of Sutton.
„Emotion & Commotion“; wenn wir für einen Augenblick übersehen, dass der zweite Begriff („Aufregung“) sehr gut im ersten aufgehen kann, startet das Album exakt mit dieser Polarität.
„Corpus Christi Carol“ ist zwar von Benjamin Britten (1913-1976), aber nur bedingt auch ein Stück E-Musik. Britten bezieht sich auf einem mittelalterlichen Hymnus - Jeff Beck wiederum kennt das Stück aus einer Version des amerikanischen Gitarristen Jeff Buckley (1966-1997): vor großer Orchester-Kulisse zieht und dehnt er die Töne der Melodie, lässt sie einschweben und verklingen - und gleitet dann in einen der plakativsten Shuffle-Rhythmen seiner Karriere: „Hammerhead“, basierend auf einem Motiv von Jan Hammer.
Das Vorspiel (mit Wha-Wha-Gitarre) verharrt auf dem Pegel von Corpus Christi, das Thema überfällt einen wenig später wie eine Sturzflut.
Beck hat noch weitere Shuffles im Angebot: „Never Alone“ und „Serene“. „Over the Rainbow“ singt seine Gitarre, bei „I put a spell on you“ und „There´s not other Time“ setzt er - wie schon live im Ronnie Scott´s - Joss Stone ein.
Der Unterschied zu diesem Album, einem Höhepunkt von Becks jazz-orientierten Ambitionen, ist schlagend. Dort Combo-Arbeit, Interaktion, eine improvisatorisch brillierende Gitarre, Dynamik ohne Ende - hier Studio-Arbeit, sorgfältige Arrangements, ständig ein Orchester im Hintergrund.
Eine jazz-orientierte Bewertung kann gar nicht anders, als „Performing this Week...“ gegenüber „Emotion & Commotion“ vorzuziehen.
Jeff Beck ist kein Revolutionär, sondern musikalisch eher von schlichtem Gemüt, die Auswahl der Stücke kaum wagemutig, sondern konventionell. Es ist guter Crossover Rock.
Wirkliche Neuerungen lockten vielleicht, wenn sich die fortgeschrittenen Kader der englischen E-Musik - sagen wir Thomas Ades oder Mark-Anthony Turnage - dieses Falles annähmen und für Jeff Beck etwas schrieben (so wie Turnage 2002 für John Scofield).

erstellt: 20.05.10

©Michael Rüsenberg, 2010, Alle Rechte vorbehalten