Wynton, gib´ uns einen Korb!

Das Fono Forum (04/04) interviewt Wynton Marsalis standesgemäss - mit einer Ergebenheitsaddresse. Zum Schluss ergeht folgende Frage an His Wyntoness: "Die Fernsehdokumentation über den Jazz von Ken Burns, dem Sie beratend zur Seite standen, scheint einen vorläufigen Schlusspunkt unter die jahrelange Kontroverse zu setzen, was Jazz ist und was nicht. Fühlen Sie sich als Sieger über Ihre Kritiker?"

Nun wollen wir dem guten Tom Fuchs die Chance zugestehen, dass er diese Frage vor Ort vielleicht im Stile eines überbordenden Sarkasmus intoniert hat. Schon möglich. Aber so, wie sie da steht, und so, wie Wynton darauf antwortet, kann er sie kaum als satisfaktionsfähig betrachtet haben.

"Es geht hier nicht um Sieger und Besiegte, es tobt auch keine Schlacht, wie manchmal zu lesen ist", hebt der
Grosse Definator vorsichtig an, ein solches Wieseln ist nämlich auch unter seiner Würde. Und er wählt dann eine Allegorie: "Im Grunde ist es wie beim Basketball: ist der Korb erst einmal weg und muss ich mich nicht mehr an die Regeln halten, dann stehe ich einfach auf der Strasse und dribble vor mich hin. Das kann natürlich auch Spass machen - nur ist es dann eben kein Basketball mehr. Jedem bleibt es überlassen, seine Schlüsse daraus zu ziehen."

Danke, His Wyntoness, das ist wirklich grosszügig. Wir wollen uns gar nicht ausmalen, was die ghetto kids auf dieses Bild entgegnen. Wir Wortspieler wollen nur wissen: wer besitzt den Korb? Wer hängt ihn auf? Wer kassiert ihn wieder ein?

©Michael Rüsenberg, 2004. Nachdruck verboten