JOHN SCOFIELD Combo 66 ******

01. Can’t Dance (Scofield), 02. Combo Theme, 03. Icons at the Fair, 04. Willa Jean, 05. Uncle Southern, 06. Dang Swing,  07. New Waltzo  08. I’m sleeping in,  09. King of Belgium



John Scofield - g, Gerald Clayton - p, org, Vicente Archer - b, Bill Stewart - dr

rec. 09./10.04.2018

Decca 00602567802136


Man kann, wie die NZZ es tut, dieses Album als Fortschreibung des vorigen, also von „Country for Old Men“, hören.
Kokettiert er dort mit seinem und dem Alter seines Publikums (aber im Grunde doch mehr mit dem ungerecht schlechten Ruf des Country & Western Genres), so legt er es hier offen.
„Combo 66“ heißt ganz einfach so, weil John Scofield das Album ein Vierteljahr nach seinem 66. Geburtstag produziert hat.
Der impressive Kinnbart, die Halbglatze, sie unterstreichen auch optisch das erreichte Lebensalter.
John Scofield schlägt sich offenkundig nicht in die Gruppe derer, die nach der Anmutung des Jüngeren streben:
“66! Wahnsinn! Hätte ich nicht gedacht…“
Verjüngung findet in seiner Combo statt. Gerald Clayton, 34, der Sohn des Bassisten/Arrangeurs John Clayton, der schon auf der „Country for Old Men“-Tour mitwirkte, ist jetzt auch im Studio dabei - und unterstreicht seinen Ruf als guter Begleiter; wunderbar sein Honky Tonk-Solo in „Dang Swing“, und kein Organist kommt derzeit dem „dreckigen“ Klang der Legende Larry Young (1940-1978) so nahe wie er.
Vicente Archer bringt - neben Jobs bei Robert Glasper - schon erheblich mehr Modern Mainstream credits auf die Waage, u.a. von Nicholas Payton, Jeremy Pelt und Marcus Printup, aber auch - zusammen mit Clayton - von Matthew Stevens.
Bill Stewart, der niemals routinierte Routinier, ist zum neunten Male mit dem Bandleader im Studio, die vielen Tourneen gar nicht gezählt.
cover scofield 66Auch die Country-Elemente, die hier auftauchen, sprechen für eine Verlängerung des Konzeptes.
Am deutlichsten treten sie in „Dang Swing“ zu Tage.
Aber, das sind Anklänge, Anleihen, Assoziationen, keine Zitate, schon gar keine Country-covers.
Und damit ist der bedeutende Unterschied zwischen beiden Alben benannt:
„Combo 66“ besteht aus acht Scofield-Originalen, und keines besitzt soviel Charakter wie die historischen Vorlagen vor zwei Jahren.
Der Gitarrist erweist sich erneut als Meister der Interpretation, der Ausführung, des Details.
Die schmutzige Grazie, in der der Jazz-Blues „Dang Swing“ mit seinen stop times durchs Gelände wackelt, ist beeindruckend, ebenso „Willa Jean“ in seinem New Orleans back beat.

Aber, nichts davon lässt sich an Merle Haggard, an Hank Williams, George Jones oder auch Dolly Parton hängen.
„Combo 66“ ist ein netter Geburtstag auf der Strecke - zum Siebzigsten erwarten wir ein Fest.

erstellt: 08.10.18
©Michael Rüsenberg, 2018. Alle Rechte vorbehalten