The revolution (will not be) has been televised...am Niederen Rhein

„The revolution will not be televised“; die Titelzeile dieses Songs/Poems aus dem Jahre 1970 signalisiert die wohl kreativste Leistung des Poeten/Sängers Gil Scott-Heron (1949-2011).
Die Parole enthält eine Prognose, die lange gültig war.
Der 6. Januar 2021 markiert den Gipfel ihrer Halbwertzeit.
An diesem Tag wurde doch eine Revolution im Fernsehen übertragen. An diesem Tag stürmten Horden das Kapitol in Washington, die selbst das FBI als revolutionäre Kräfte nicht auf dem Schirm hatte - von dem Dichter und seinen zahllosen Anhängern weltweit ganz zu schweigen.
Eine Revolution hatten und hätten sie alle aus einer anderen Richtung erwartet bzw. gewünscht.
Warum wird die Jazzpolizei dieser Tage daran erinnert?
Weil in einem für umstürzlerische Umtriebe höchst unverdächtigen Landstrich, laut eigener Positionsbeschreibung „links des Niederen Rheins“, mit dem Wort gespielt bzw. damit für eine Ausstellung geworben wird.
Leichtsinn 50 Jahre Weltrevolution links des niederen RheinsUnter dem Stichwort „Leichtsinn“ sollen dort ab dem 16.Juli Exponate zu sehen sein, die von einem Ereignis zeugen namens „moers festival“.
Laut Selbstdeklaration betreibt es „50 Jahre Weltrevolution links des Niederen Rheins“ - und widerlegt mithin schon kurz nach der Proklamierung die These von Gil Scott-Heron.
Viele nämlich erinnern sich an TV-Übertragungen oder -Aufzeichnungen aus Moers. Zu später Stunde, im Nachtprogramm, wo Revolutionen nun mal ihren Platz haben.
Viele haben das gar nicht bemerkt (oder ihren Charakter nicht verstanden), insofern werden sie nun mit „Leichtsinn“ wachgerüttelt. In der Wahl der Attribute (Revolution, Leichtsinn) sind die Veranstalter frei, nicht aber können sie aus der Mathematik aussteigen.
Das Gedenken gilt „50 Jahren moers festival“; gerade aber ist erst das fünfzigste über die Bühne gegangen, 49 Jahre lassen sich schlecht feiern. Die Veranstalter kommen zu früh, sie können das Wasser nicht halten.
Apropos Wasser, diesbezüglich herrscht links des Niederen Rheins eine Obsession.

Unvergessen die Bilder von der ersten Pressekonferenz des neuen Festivalleiters Tim Isfort 2017, fernab der Stadt am falschen Ufer, rechts des Rheins in Düsseldorf.
Übertroffen von einer späteren Festival-Ankündigung, motivisch astrein in einem Moerser Hallenbad, wo die Verantwortlichen, inklusive der Stadtspitze, ordentlich gekleidet zu Tische sassen und heldenhaft ignorierten, dass ihnen das Wasser die Waden umspülte.
Konsequent also, dass die Moderatorin anno 2021 (auf arte.tv von manchem als Umschaltpause genutzt) ihre fluiden Interviews wiederum im nassen Ambiente führte, diesmal allerdings nur knöcheltief.
Und mit welchen Motiv werben die Moerser für ihre „Weltrevolution“?
Moers Badespa 1 1

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Mit einem Wasserbild (von Michael Kietz), vermutlich aus der zweiten Hälfte der 70er Jahre.
Revolutionäre bereiten einen der ihren auf die Bauchlandung im Tümpel am Festivalgelände vor.
Langjährige Festivalbesucher haben oft genug den Fortgang dieser eingefrorenen Szene beobachtet. Es war die Moerser Feuerwehr, gleich nebenan postiert, die, auch weil es partout nicht brannte, in ihrer Langeweile herausgefodert die jungen Recken alsbald an Land beorderte.
Sie machte ihnen - um es im Stile heutiger Moderation zu sagen - ein Land-Angebot. Die Angesprochenen konnten es nicht ausschlagen.

erstellt: 10.07.21
©Michael Rüsenberg, 2021. Alle Rechte vorbehalten