House of Jazz, so schön verständlich wie zutreffend, darf die Alte Münze nach dem Umbau nicht heißen.
„House of Jazz“, das klingt zu sehr nach Till Brönner.
Der mit einem Konzept dieses Namens zwar früh gestartet, aber abgeblitzt ist, nachdem sein einstiger Förderer, Tim Renner, auf dem entscheidungsrelevanten Posten des Berliner Kultursenators von Klaus Lederer (Linke) abgelöst wurde.
Brönner musste zwei Mitbewerber mit an Bord nehmen, zu offen-
kundig waren die Bedenken, ein Jazzhaus nach seinem Gusto würde der Vielfalt des Genres nicht gerecht.
Nun bekommt er den Zuschlag zusammen mit der Deutschen Jazz Union sowie der IG Jazz Berlin für eine Institution, die begrifflich auf tönernen Füßen steht, eine Ankerinstitution des Jazz in Berlin.
Man kann sich gut vorstellen, wie sich die Fremdenführer auf den Touristenbooten vor Lachen kaum auf den Beinen halten, wenn sie dereinst das Areal an der Spree passieren und ausrufen:
„Auf der rechten Seite das Gelände der Alten Münze am Molkenmarkt, 1935 von den Nazis gebaut, bis 2005/06 wurden dort Münzen geprägt, heute befindet sich darin die Ankerinstitution des Jazz in Berlin!“
Das zukünftige Haus einer umfassenden Jazzkultur verbal neu anzusteichen, dürfte ein Leichtes sein gemessen an dem Aufwand, die Wogen zu glätten, die weitere Mitbewerber ausgelöst haben.
Darunter die Spreewerkstätten, die mit einjährigen Mietverträgen seit 2014 bereits auf dem Gelände wirken und davon ausgingen, „dass die Alte Münze ein transdisziplinärer Veranstaltungsort wird“ (so gegenüber der taz).
Sie gehen ebenso leer aus wie eine Vereinigung der Neuen Musik, die für gewöhnlich in solchen Konkurrenzen gute Karten hat und immerhin vom Rückwind des einstigen Bundesinnenministers Gerhart Baum (FDP) sowie vom Komponisten Péter Eötvös getragen wurde, die Initiative Neue Musik Berlin (INM).
„Gemessen an dem Prozess und den Bedarfen der freien Musikszene insgegsamt ist es ein kulturpolitisches Desaster“ (gleichfalls in der taz).
Dabei hatten die Initiativler ihre Vorstellungen in einer bunten Karte, schön wie ein Mobile, vorgebracht.
Demgegenüber betont die Senatsverwaltung, die unterlegenen Bewerber seien zu wenig von ihren Konzepten abgewichen, um auch andere Genres zu integieren. Das House of Jazz hat auf dem Weg zum Ankerzentrum offensichtlich die entscheidenden Wandlungen vollzogen.
Es soll saniert werden, bis 2026. Der Senat stellt dafür 35 Mio Euro bereit, für den dann laufenden Betrieb hat der mitbeteiligte Bund noch nichts zugesagt.
Ob man dann oder - Berlin, Berlin - ein paar Jahre später einen Traum von Till Brönner erleben wird, ein Großensemble nach dem Modell des französischen Orchestre National de Jazz…
bis dahin werden noch viele Touristenboote die Baustelle passieren.
erstellt: 24.01.20
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