Deutsche Jazz Union stellt sich neu auf

Chapeau!
Die Deutsche Jazz Union hat sich eine neue Führung gegeben.
Und obwohl sie in puncto Geschlecht, regionaler Abstammung, politischer Gewichtung, kurzum: in allen brisanten Diskursparametern ausgeglichen ist wie sonst was - gibt es daran zunächst nüscht zu bekritteln!
Anette von Eichel

 

 

 

 

 

 

 



Das beginnt schon an der Spitze. Auf Nikolaus Neuser (der im Vorstand verbleibt) folgt Anette von Eichel.
Das ist nicht nur von der Genderei her korrekt, sondern manifestiert auch die akademische Dimension der deutschen Jazzausbildung.
Seit 2010 hat Frau von Eichel eine Professur für Jazzgesang an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln, seit 2021 ist sie obendrein Dekanin der Fachabteilung Jazz und Pop, bis dato die Kaderschmiede der deutschen Jazzausbildung.
In kulturpolitischen Gremien dürfte das schon von der Anmutung her „nicht ganz schlecht“ (um mal wieder Marcel Reif zu bemühen) ankommen.
Wie gesagt, Nikolaus Neuser verbleibt im Vorstand, Felix Falk ebenso.
Und wenn wir das nicht ganz falsch sehen, sind POP, People of Color, mit den Sängerinnen Gabriele Maurer (Mannheim) und Johanna Schneider (Essen) repräsentiert. Erstere tippt in ihrem mission statement noch dazu das Signalwort „Diversität“ an.
Ganz spannend ist die Ost-West-Achse besetzt, mit Robert Lucaciu aus Leipzig und Janning Trumann aus Köln.
Lucaciu („Jazz ist links“) will „unbedingt die divergierenden Anforderungen zwischen ländlichem und urbanem Raum“ berücksichtigen. Er trifft hier auf das CDU-Mitglied Trumann - dessen Parteizugehörigkeit in der immer schon links-grünen Szene der Domstadt noch nie aufgefallen ist.
Wohl aber, mit welchem Geschick und Erfolg Trumann (der aus der niedersächsischen Provinz stammt) in der urbanen Kulturpolitik agiert. Er sitzt im Kulturausschuß der Stadt Köln, spielt Posaune in etlichen Bands, betreibt ein Label und verantwortet demnächst erneut die Cologne Jazz Week.
Ein solches Maß an praktischer Erfahrung, gewonnen in Parteigremien wie auch in der Initiative Kölner Jazzhaus e.V. (auch dort sitzt er im Vorstand), dürfte den mitunter mit divers-luftigem Aktionismus gefüllten Ballon der DJU näher am Boden des kulturpolitisch Einsichtigen halten.

erstellt: 09.05.22
©Michael Rüsenberg, 2022. Alle Rechte vorbehalten