KNEEBODY the line *******

01. Lowell (Benjamin), 02. Cha-Cha (Endsley), 03. Trite (Wendel), 04. Sleeveless (Endsley), 05. Still Play (Wendel), 06. The Line, 07. E and E (Rastegar), 08. Pushed away, 09. Work hard, Play hard, Towel hard (Benjamin), 10. Greenblatt, 11. What was (Wendel), 12. Ready set go


Adam Benjamin - ep,synth, Shane Endsley - tp, effects, Kaveh Rastegar - bg,g, Ben Wendel - ts, effects, Nate Wood - dr  

rec. 13.03.2013
in-akustik/Concord CRE 34495

Too much iPod listening can damage the health of your evaluation capacity!
Wir haben es ja schon immer geahnt (und uns nicht recht eingestehen wollen), an Hand dieses Albums ist es zur Gewissheit geworden:
was daheim, Hifi, mit Power daherkommt, zwitschert einem aus den kleinen, weissen Ohrstöpseln kastriert zu.
Der Elchtest dafür ist der letzte track, „Ready set go“, auf Nahfeldmonitoren ein vamp-Hammer mit bohrenden Bass-Tiefen und ride cymbals oben, die keinerlei headroom mehr haben, bei denen die Limiter in den entsprechenden Aufnahmekanälen im Studio Sunset Sound zu Hollywood/CA permament rot geflackert haben müssen.
Das thank you der Band, das vielen gilt, darunter Tim Lefebvre, wird sich sicher auf diesen akustischen Faustschlag beziehen - wovon auf dem iPod wenig übrigbleibt.
Anruf eines geschätzten Kollegen aus dem Süddeutschen: das neue Album von Kneebody ist nicht so gut wie das vorherige.
Ja, da hast du recht, sehr ich auch so.
Wirklich? Nächtens noch mal eine Abhöre mit wirklichen headphones - und die Wertung schnellt von ***** auf *******.
Denn, ja, „in line“ ist anders als „You can have your moment“, kompakter, klarer, aber nicht einen Deut schlechter.
cover-kneebody-lineEs ist wieder ein vamp city, aber more heavy, geradezu punkig, prollig, dazu mit Fanfaren-Themen, wie man sie im Jazzrock seit Pig Bag nicht mehr gehört hat.
Mit Nachdruck haut uns dieses kalifornische Quintett 4/4-Grooves um die Ohren, manchmal von entwaffnender Simplizität („Trite“), um die offbeats, das durchtriebene beat displacement umso nachdrücklicher herauszustellen. Bis, ja bis man im letzten track gar nicht mehr weiss, wo die Glocken hängen - und erschöpft und klangtrunken die Zählerei drangibt.
Wieder tobt Nate Wood um die langgezogenen Bläserlinien herum, Bassgitarre und E-Piano hauen mit 5er und 4er Schlägen ein Hammer riff in den Boden, unter dem Tenor-Solo von Ben Wendel kann man noch 16/8 ausmachen (5+5+4+2), dann gruppiert es sich unregelmässig und im ritardando ausläuft.
Der Auftakt des Albums, „Lowell“, mit fett-verzerrten Fender-Rhodes-Akkorden im House-Rhythus ist ein Fest für das Elektro-Piano, bedient von einem seiner derzeit besten Bediener, Adam Benjamin.
Der weiss das Teil klanglich so was von aufzubrezeln, mit Feedback- und Echo-Fahnen, wie man sie seit Dave MacRae nicht mehr gehört hat (insbesondere in „Trite“).
Allenfalls Nate Wood wird noch ein wenig herausgestellt, die beiden Bläser glänzen solistisch weniger; auffällig ohnehin, dass Solisten wenig Platz haben. Dies ist wirklich eine Ensemble-Leistung, nicht nur interpretatorisch, sondern auch kompositorisch: selten erlebt man Autoren, die so kohärent für eine Band schreiben.

erstellt: 25.09.13
©Michael Rüsenberg, 2013. Alle Rechte vorbehalten