TROYK-ESTRA Live at the 2013 Cheltenham Jazz Festival *******

01. Dry Ops (Montague), 02. Gain Noon Soon, 03. Braze (Blackmore), 04. Elegant Her (Kit Downes), 05. Coley (Blackmore), 06. Hip Clan, 07. 80 Neon Births (Montague, Downes)

Chris Montague - g, loops, Kit Downes - org, keyb,Joshua Blackmore - dr
Nick Smart - cond, Reuben Fowler, Alex Bonney, Noel Langey, Imogen Hancock - tp, Kieran Stickle Mdeod, Patrick Hayes, Tom Green, Courtney Brown Bass - tb, MIke Chillingworth, Nadim Teimoori - as, Sam Miles, James Allsop - ts, Sam Rapley - bcl, bars, Louis van der Westhuizen - bg, Ralph Hero Wyld - vib

rec. 05.05.2013
Impossible Ark Records, download

Das ist eine Big Band. Und wenn im Vereinigten Königreich eine Big Band aus dem breiten Strom der Gattung herausschwimmt und sich im Brackwasser anderer Zuflüsse tummelt, dann steigen gerne Assoziationen zu den Loose Tubes auf.
Da ist was dran. Zunächst logistisch: die Loose Tubes werden ihre - mutmaßlich triumphale - Rückkehr nach 24 Jahren just auf dem Festival starten, wo Troyk-Estra dieses Album live hat mitschneiden lassen; und sie werden im Umkreis dessen im Ronnie Scott´s Club in London spielen, wie Troyk-Estra.
Der Name ist ein Wortspiel aus Troyka und Orchestra. In der Tat handelt es sich um das - inklusive Dirigent - um 16 Musiker erweiterte Trio, das insbesondere mit seinem Debütalbum 2008 als sehr britische Jazzrock-Kapelle sich etablieren konnte (mit einem link zu seligen ProgRock-Zeiten, der mehr ihren älteren Hörern auffiel als den Musikern selbst).
Die Gäste stammen fast alle aus einer der Jazz-Kaderschmieden des Landes, der Royal Academy of Music in London (an der auch Kit Downes studiert hat), der Dirigent ist ihr gegenwärtiger bzw. vergangener Studienleiter, der Trompeter Nick Smart.
Troyka haben in der Kernbesetzung zwei Alben veröffentlicht (wovon das zweite „Moxxy“, 2012, deutlich abfällt), für Troyk-Estra aber komplett neues Material geschrieben.
Das hat sich gelohnt. Troyk-Estra bietet Big Band-Jazz für Leute, die Big Band-Jazz nicht so sehr mögen. Hier treffen sie sich mit Loose Tubes.
cover-troykestraDas fröhliche „Coley“ z.B., mit seiner House-artigen Pendelharmonik, könnte man sich durchaus aus der Feder von Eddie Parker für die Loose Tubes vorstellen. Umgekehrt passte wohl dessen Reggae „Last Word“ auch hierher. Denn auch Troyk-Estra mögen, ja baden in Rock-Riffs und -vamps. Gerne auch innerhalb eines Stückes in verschiedenen Tempi („Gain Noon Soon“), gerne auch im Sinne von groove switching zwischen zwei Ebenen („80 Neon Births“), gerne auch in einer früh einsetzenden Coda.
Aber Chris Montague ist ganz anders drauf als John Paricelli, der Einfluss von Robert Fripp (weniger King Crimson) tritt in seinen Wiederholungs-Patterns deutlich hervor. Und zwischen Kit Downes und Django Bates liegen auch Welten (das ist jetzt nun wirklich stilistische Abstände beschreibend und nicht abwertend gemeint).
In der Konstruktion von Themen, die so gar nicht aus den Vorgaben von Thad Jones, Bob Brookmeyer and the likes schöpfen, liegen Verwandtschaften, ebenso in der Konzentration auf lineare zuungusten von vertikalen Entwicklungen.
Afrikanisches“ wie bei den Loose Tubes findet sich hier gar nicht, in punkto Solisten sind jene auch reicher bestückt.
Kurzum, Troyk-Estra besitzen genügend Eigenwert, sie sind mehr als die beste Art, die Wartezeit auf die neuen-alten Loose Tubes zu verkürzen.

erstellt: 20.12.13
©Michael Rüsenberg, 2013. Alle Rechte vorbehalten