PETER EVANS Extra *******

01. Freaks (Peter Evans), 02. In See, 03. Boom, 04. Nova, 05. Movement 56 06. Underworld, 07. Fully Born, 08. The Lighthouse

Peter Evans - picc-tp, flh, p, Petter Eldh - bass, electronics, Jim Black - drums, electronics

rec. 05.-07.08.2023
We Jazz

Vor ein paar Wochen, bei der Cologne Jazzweek zäumten sie das Pferd von hinten auf. Liessen sich für „Freaks“ erneut auf die Bühne bitten. Und begannen mit einer Piano-Figur aus dem Digitalspeicher.
Sie taucht hier erst in track 4 auf - und macht hier wirklich Sinn.
Anders als im „Jaki“ (unterhalb des Stadtgarten) bringen die Piano-Arpeggien nach einer Viertelstunde mal ein wenig Ruhe in die Bud´.
cover Peter Evans extraIhre dramaturgische Funktion ist hier eine ganz andere: sie schließen in den nur zweieinhalb Minuten von „Nova“ an die Baß-Flageoletts von Petter Eldh an, die der ganz oben am langen Hals seines Instrumentes intoniert - eine Spielhaltung, die im Konzert gar nicht vorkommt.
Hier aber, in den Namouche Studios zu Lissabon, fallen sie mit der Tür ins Haus, mit „Freaks“, dem signiture tune der Band, die man nicht anders als ein power trio bezeichnen kann.
„Freaks“ verteilt ein Ornette Coleman-artiges Fanfaren-Thema auf mehrere Trompeten und geht dann in einen uptempo swing der Anmutung, wie Evans & Eldh sie im Quartett Amok Amor vor ein paar Jahren inszeniert haben.
Aber, sie entfachen nicht einfach nur einen Sturm, das wäre zu schlicht, sondern legen ihm auch Stolpersteine in den Weg (vielleicht sollten wir von windbreaker sprechen): zwischendrin einfach mal Groovewechsel: 4 Takte binär, sprich rock-verwandt.
Ohnehin lässt sich hier manches („In See“, „Boom“, „Underworld“) in einem weiteren Sinne als Jazzrock assoziieren; natürlich nicht - wie könnte es bei einem Drummer wie Jim Black anders sein? - tight gespielt, sondern in Umspielungen, in Andeutungen.
Der handwerkliche Standard des Trios ist, wie zu erwarten, immens. Insbesondere Peter Evans brilliert, wie zu erwarten, mit etlichen Kabinettstückchen.
Insgesamt aber zeigt „Extra“ eher eine Art Jam-Band-Charakter und weniger den Eindruck einer vielleicht langfristigen Konzeption.
Der Anteil an Postproduction ist vergleichsweise gering, der Einsatz von Elektronik auch; das Album schließt mit einer kurzen Klangspielerei.

erstellt: 05.10.24
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