WOLFGANG MUTHSPIEL Etudes/Quietudes ********

01. Etude Nr 1 (Tremolo) (Wolfgang Muthspiel), 02. Etude Nr 4 (Pedal), 03. Triplet Droplet, 04. Etude Nr 5 (Chords), 05. Etude Nr 6 (Triplets), 06. Etude Nr 7 (Brahms Minor), 07. Etude Nr 8 (Melting Chords), 08. Etude Nr 9 (Schildlehen), 09. Etude Nr 10 (Sixths), 10. Etude Nr 11 (Vamp), 11. Etude Nr 12 (Furtner), 12. Etude Nr 13 (Arpeggio), 13. Sarabande (JS Bach Lute Suite BWV 995), 14. Between Two Sarabandes (Muthspiel), 15. Sarabande (Reprise), 16. (Paul Motian), 17. For Bill Evans (Muthspiel)

Wolfgang Muthspiel - g

rec. 20.04.23
Clapyourhands CYH 00012

Erster Eindruck: eine geradezu unverschämt gut klingende (akustische) Gitarre. Als ihr Hersteller wird ein gewisser Jim Redgate genannt.
Und das Instrument klänge gewiss nicht so gut, wäre es nicht bei einem Konzert im ORF RadioKulturhaus Vienna entsprechend aufgezeichnet worden (wovon man insofern nichts bemerkt, als kein Beifall erklingt).
„Etudes/Quietudes“ enthält ein Programm aus leisen Übestücken:
cover muthspiel etudes„Ich habe meine eigenen Etüden geschrieben, um bestimmte technische Aspekte zu üben. Dann verliebte ich mich in den Kompositionsprozess, den sie inspirierten“, sagt Wolfgang Muthspiel.
Etüden sind für ihn eine Feier des Handwerks.
„Handwerk ist für mich ein zentraler Punkt - alle Musiker, die ich bewundere, haben ein Leben lang an ihrem persönlichen Klang gearbeitet.“
Dass die instrumental-technischen Aspekte kompositorisch geleitet sind - ganz nebenbei, eine für den Hörer zufriedenstellende Konstellation - zeigt sich paradigmatisch im Eröffnungstrack mit dem Zusatz tremolo. Über einer leer angeschlagenen Seite, legt er mit der gleichen Bewegung der rechten Hand zwei motivische Ketten.
(Man kann das auch auf YouTube nachverfolgen.)
Den Vorrang der Motorik hat er in einer anderen Etüde, die ähnliche Erwartungen schürt, (die Nr. 6, auch hierzu liegt ein YouTube-Video vor), nämlich triplets/Triolen, melodisch gewissermaßen aufgebrezelt.
Noch mehr in Richtung alt-englischer Lautenmusik geht Etude Nr. 10, das schon vom Titel her wenig Motorik erwarten lässt, sondern - sixths - ein wunderschönes Charakterstück in Sexten ist.
Etude nr. 11, vamp, hat, obwohl von einem Jazzmusiker gespielt, wenig von einem regelrechten Jazz-vamp. Das kurze Stück könnte als eine Widmung an den „akustischen“ John McLaughlin gehört werden - ähnlich wie der Abschlußtrack, der ganz offenkundig dem melodischen Duktus von Bill Evans zugeneigt ist.
Die wenigen blue notes des Albums heben ihre Köpfe im Stücke davon, „Abacus“ von Paul Motian.
Beiden Stücke eignet wenig Etüdenhafts an, ebensowenig die mehrteilige Beschäftigung mit dem Sarabande-Satz aus der Lautensuite g-Moll von J.S. Bach.
Alles fügt sich, man möchte schon sagen bruchlos, in das Mosaik einer angenehm kontemplativen Dreiviertelstunde.

 erstellt: 17.01.25
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