Für einen Jazz Poll wäre er wohl nicht in Frage gekommen. Dafür bewegte er sich zu sehr im off, im benachbarten Rhythm & Blues.
Keine Überraschung, dass er seine - aus Jazzperspektive - überzeugendsten Eindrücke in der Schnittmenge aus beiden hinterlassen hat, z.B. bei Stefon Harris („Evolution“, 2003). Oder, noch viel eindrücklicher, bei Robert Glasper.
Mit dessen Quartett Experiment war er auf Tour, auf dem Album „ArtScience“ (2016) gelangt sein spezifisches Talent zur vollen Reife.
Zuvorderst war das sein Umgang mit dem Vocoder. Er pflegte mit geradezu lasziver Hingabe den elektronisch modulierten Klang seiner Stimme, auf der Bühne unterstrichen mit einem großen Umhänge-Keyboard.
Das gelang ihm weit besser als seinem Vorgänger in dieser Disziplin, Herbie Hancock.
Unerreicht, wie er auf „ArtScience“ das süß-saure Melisma von Hancocks wohl größter Ballade („Tell me a Bedtime Story“) zelebriert - und es in einem Sopransax-Solo fortführt.
Das konnte er auch. Wenn nötig, war er mit einem druckvollen Altsaxophonsound zur Stelle, eindrücklicher als Terrace Martin, ein weiterer Hancock-Bewunderer.
„Er war der Inbegriff dessen, was es bedeutet, einzigartig und einmalig zu sein“, wird Robert Glasper vom Rolling Stone zitiert.
„Zu 99 Prozent meiner Karriere wurde ich gebucht, um ich selbst zu sein“, sagt Benjamin selbst 2018 in einem Interview.
Geboren wurde er in Brooklyn, die Eltern waren Immigranten aus Granada und Panama.
Den Texaner Glasper lernte an der New School in NYC kennen, ab Ende dere 90er Jahre spielten sie gelegentlich zusammen, ab 2004 im Experiment.
„Ohne ihn gibt es kein Robert Glasper Experiment. Die Welt hat einen Giganten verloren, und ich einen Bruder" (Glasper).
Casey Benjamin, geboren am 10. Oktober 1978, verstarb am 30. März 2024 (nach anderen Quellen am 31.03.24) nach einer Operation in Maryland. Er wurde 45 Jahre alt.
Foto: Dacoucou, Wikipedia
erstellt: 03.04.24
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