PANZERBALLETT Starke Stücke ***
01. Pink Panther (Mancini), 02. M.w.M.i.O.f.R. (Zehrfeld), 03. Smoke on the Water (Blackmore, Gillan, Glover, Lord, Paice), 04. Friede, Freude, Fußball (Zehrfeld), 05. Wind of Change (Meine), 06. Birdland (Zawinul), 07. Dreamology (Zehrfeld), 08. Thunderstruck (Young, Young), 09. Zickenterror (Zehrfeld, Kreitmeier), 10. Paranoid (Butler, Iommi, Osbourne)
Jan Zehrfeld - g, Andreas Dombert - g, Gregor Bürger - as, Florian Schmidt - bg, Sebastian Lanser - dr
Ulf Wakenius - g (5), Nguyen Le - g (6), Peter O´Mara - g (1), Heiko Jung - bg (5), Conny Kreitmeier - voc (9), Jan Vacik - keyb (7), Naomi Isaacs - voc (2)
rec ?.2007
ACT 9661-2; LC 07644
Dem Jazz mittels Hard Rock und Heavy Metal Beine zu machen, ihm vielleicht auch eins auszuwischen - das gab´s hierzulande schon mal. In den 90ern bastelten daran Drei Vom Rhein, zuletzt, Mitte des neuen Jahrzehntes, noch in Form einer Hommage an Frank Zappa. Drei vom Rhein wiederum sind undenkbar ohne ihr "Mutter-Ensemble", die Franck Band, deren hinterfotzige Anschläge auf den Jazz heute in Nicht vor den Kindern weiterleben.
Drei vom Rhein waren/sind prolliger, Nicht vor den Kindern viel hintergründiger als Panzerballett. Aus Heavy Metal wurde Speed Metal (oder auch "Speed Core", wie es hier heißt), erweitert um eine gehörige Portion M-Base in den Rhythmen. Man muß das Panzerballett gar nicht hören, um die Verwandtschaften zu erkennen: aus "Starke Gesten" damals werden heute "Starke Stücke", und der Bandname spricht Bände: "die Geschmeidigkeit und das Schwebende des Balletts mit der Kraft und dem Krachen eines Panzers zu verbinden", laut Bandleader Zehrfeld.
Das ist mal eben so dahingeworfener Unfug. Von Geschmeidigkeit & Schweben ist hier wenig zu vernehmen, es sei denn, man hielte eine swing-Passage in der umgewandelten Scorpions-Schnulze (5) dafür.
Aber, Krachen tut´s beständig - und davon verstehen diese Panzerfahrer auch einiges. Zumindest die Rhythmusgruppe ist gut, man darf davon ausgehen, dass Sebastian Lanser die Ikone der Akzentverschiebungen, des beat displacement, (wir erheben uns von unseren Plätzen) Mr. Vinnie Colaiuta, ausführlich studiert hat. "Dreamology" steckt voller rhythmischer Rafinessen: groove switching, ritardando, dr-solo gegen riff - und ein geradezu klägliches Keyboard-Solo durch den Tonmeister der Produktion, Jan Vacik.
Damit ist einer von mehreren Schwachpunkten dieser Produktion angesprochen: die beeindruckenden Soli verdanken sich den drei Gast-Gitarristen (welcher Klassen-Unterschied zwischen den beiden Panzer-Gitarristen und Nguyen Le sich auftut, zeigt dessen Solo über dem völlig verdrehten "Birdland").
Das wäre weiter nicht tragisch, würde das Kern-Quintett nicht durchgängig in der Manier des "Platz da, wir kommen!" den Hörer überfallen. Überzeugend jedenfalls ist das nicht; der Habitus des Schrägseins-um-jeden-Preis erschlägt eine Idee mit der nächsten, es bildet sich ein Parcours aus lauter gut-trainierten Einzelheiten.
Wie man diese organisch miteinander verbindet, davon hat die Band keine Ahnung, ihr Jazz-Feeling ist nur schwach ausgebildet. Sie versucht, hektischen Bewegungen an der Oberfläche als "Substanz" auszugeben.
erstellt 05.03.08
©Michael Rüsenberg, 2008, Alle Rechte vorbehalten