Die Berufung hatte Überraschung hervorgerufen, auch Entsetzen.
Aber der Mißmut wurzelte wenig bis gar nicht in den anti-femininen Reflexen der Kritiker, sondern in ihrer Erfahrung, dass von der Kandidatin aus ihrem früheren Wirkungskreis keine entsprechenden Leistungen überliefert sind.
Leistungen, die sie zur Führung eines der großen Jazzfestivals befähigen.
Nun legt Nadin Deventer ihr erstes Programm vor, das erste für die von ihr zu verantwortenden drei Ausgaben des Jazzfest Berlin.
Und - das Wortklingeln, der Kuratorensprech aus dem Berufungsinterview (mit ihrem Chef Thomas Oberender) ertönt ein wenig leiser, das Programm schaut aus, als könne man ihm Ernsthaftigkeit nicht absprechen.
Warum soll nicht auch diese Kandidatin mit ihren Aufgaben wachsen?
Die erste Frau auf diesem Posten, nach 8 Vorgängern, von denen ein jeder bei der Kritik im Feuer stand, am wenigsten wohl noch Bert Noglik (2012-2014).
Ein solches, einst repräsentatives Festival kann man nicht mit hohen Zustimmungsquoten leiten, weil sein Geltungsbereich von jedem anders zugeschnitten wird.
Ob´s was war, lässt sich erst klingend beurteilen. Und Frau Deventer hat ein paar assets dabei, die das Niveau nicht nach unten drücken. Z.B. Bill Frisell solo, Mary Halvorson als Artist In Residence oder Jason Moran mit einem audio-visuellen Projekt namens The Hellfighters.
Ob der Chicago-London-Schwerpunkt außer zeitgeistigem Bouquet (u.a. mit einem revitalisierten Art Ensemble) auch ästhetisch überzeugen mag, wird man abwarten müssen.
Ebenso, ob Masse (allein am Eröffnungstag, 1.11., sollen 10 acts auf 5 Bühnen in 7 Stunden das Festspielhaus in ein „Haus of Jazz“ verwandeln) immer auch mit „Klasse“ gleichschwingt.
Es düfte ein Festival der Debatten werden.
Das vollständige Programm hier
erstellt: 08.09.18
©Michael Rüsenberg, 2018. Alle Rechte vorbehalten