LOOSE TUBES Säd Afrika *******

01. Säd Afrika (Django Bates), 02. Exeter, King of Cities (Eddie Parker), 03. Sunny (Eacott, Rossiter, O´Kane, Birch), 04. Mo Mhuirnin Ban  (Chris Barchelor), 05. Delightful Precipice (Bates), 06. Sosbun Brakk (Parker), 07. Sweet Williams (Bates)

Eddie Parker - fl, Dai Pritchard - cl, bcl; Steve Buckley, Iain Ballamy, Mark Lockheart, Julian Nicholas, Ken Stubbs - saxes, Lance Kelly, Chris Batchelor, Ted Emmett, Paul Edmonds, Noel Langley - tp, John Harborne, Steve Day, Paul Taylor, Richard Pywell, Ashley Slater - tb, Dave Powell - tuba, Django Bates - keyb, John Parricelli - g, Steve Watts - b, Martin France - dr, Thebe Lipere - perc

rec. 13. - 15.09.1990
Rough Trade/Lost Marble LM006

Hätte man beide Selektionen aus diesem letzten Konzert der Loose Tubes in einem Doppelalbum veröffentlicht, wäre also „Säd Afrika“ in einer Verpackung mit „Dancing on Frith Street“ erschienen, der Abstand zwischen beiden wäre nicht so klar hervorgetreten. Die erste Hälfte hätte die zweite leicht promoviert.
Verglichen mit dem Vorgänger ist „Säd Afrika“ nämlich auch in qualitativer Hinsicht der Nachzügler - wohlgemerkt immer noch auf sehr hohem Niveau. Der Themen-Zirkus, der Eklektizismus, die stilistischen Sprünge, der Nonkonformismus ist derselbe. Aber, die attraktiveren Stücke scheinen sich doch eher auf „Dancing on Frith Street“ zu versammeln.
cover-loose-tubes-afrika„Säd Afrika“ trägt seinen Titel, weil es an die süd-afrikanischen Jazzmusikern erinnert, die im Schatten der Apartheid Exil in Großbritannien gefunden und großen Einfluss auf die einheimischen Kollegen genommen haben, namentlich Dudu Pukwana, Mongezi Feza, Johnny Dyani, Churchill Jolobe, Chris McGregor, Harry Miller, Pinise Saul, Lucky Ranku, Louis Moholo, viele von ihnen bereits verstorben.
Es ist eine nicht nur verbale Hommage, sondern auch eine musikalisch nachvollziehbare. Ihre „Trauer“ kommt eher im Titel des Albums zum Ausdruck und nicht in der Musik, die ist bunt, freundlich, fröhlich.
Der stilistische Einfluss zeigt sich insbesondere in den beiden „Eckstücken“ von Django Bates, der eine Zeit lang in der Band von Dudu Pukwana gespielt hat. „Säd Afrika“ erinnert an die Flöten, „Sweet Williams“ an die Themen und Rhythmen aus der township music.
Es ist ein Vorzug dieser Auswahl, dass diesmal Eddie Parker deutlicher zum Zuge kommt. Parker, geboren 1959 in Liverpool, erscheint, obwohl nach wie vor aktiv, dem Zentrum des britischen Jazz inzwischen leider entrückt. Er ist hier mit zwei trickreichen Stücken vertreten, dem thematischen Bandwurm „Exeter, King of Cities“, der den Erfindungen von Django Bates in nichts nachsteht, und „Sosbun Brakk“, dem einzigen Stück des Albums, das sich mit seinem up tempo swing der Jazz-Konvention zuneigt, aber diese selbstverständlich hinterpfotzig hintergeht.Die Disziplin der Band ist tadellos, die tutti-Akzente kommen wie aus der Hüfte geschossen.
Es war, wie gesagt, ein ganz großes Kapitel britischer Jazzgeschichte, das sich an diesen drei Abenden im September 1990 der Geschichte überantwortete.

erstellt: 16.10.12
©Michael Rüsenberg, 2012. Alle Rechte vorbehalten