JOSHUA REDMAN LongGone *****

01. Long Gone (Joshua Redman), 02. Disco Ears, 03. Statuesque, 04. Kite Song, 05. Ship to Shore, 06. Rejoice



Joshua Redman - ts, ss, Brad Mehldau - p, Christian McBride - b, Brian Blade - dr

rec. 10.-12.09.2019
Nonesuch 07559791003

Es gibt gute Gründe, diesem Album mit gehöriger Vorfreude zu begegnen.
Zum einen geht es einer Herbsttournee dieses Quartetts voraus, zum anderen ist es nicht nur in identischer Besetzung entstanden, sondern auch im Zeitrahmen des meisterlichen Vorgängers „RoundAgain“.
Beide datieren aus derselben Sitzung im Sear Sound Studio C zu New York City.
„LongGone“ bietet also nichts anderes als eine andere Selektion der damals entstandenen tracks.
Und der Bohai von damals („RoundAgain“ ist im Juli 2020 erschienen) wird jetzt wiederholt:
dass das Quartett erstmals seit 1994 wieder antrete, wie schwer die Terminkalender der Vielbeschäftigten aufeinander abzustimmen seien usw.
cover redman longObwohl also von gleicher Herkunft unterscheiden sich beide Alben gravierend: für „RoundAgain“ überließ der eigentliche Bandleader Joshua Redman composer credits auch an seine Kollegen - und das macht nun den Unterschied. Das Material, also ausschließlich von Redman, ist homogener.
Es fehlt zum Beispiel ein gerissener Blues wie „Floppy Diss“ von Christian McBride, vor allem vermisst man einen so durchtriebenen Beitrag wie „Moe Honk“ von Brad Mehldau.
Der Verdacht, dass „LongGone“ gleichsam überschüssiges Material enthält, das den strengeren Auswahlkriterien von „RoundAgain“ nicht standhielt, wir genährt durch den letzten track „Rejoice“.
Er ist wesentlich älter, er datiert aus einem Konzert 2007 in San Francisco.
Es ist das mit Abstand längste - und lebendigste - Stück.
Ohne dieses hätten die Studio-„Reste“ aus dem September 2019 gerade mal eine gute halbe Stunde gefüllt.
Damit wir uns nicht missverstehen: auch wenn in den Studiotracks 1 bis 5 nichts so recht zu packen vermag, nichts abgeht, Bezüge aus dem Titel inhaltlich nicht erfüllt werden („Disco Ears“) oder - beispielsweise - Jazz-Sambas (erneut „Disco Ears“) von Chick Corea viel überzeugender dargestellt wurden - das Niveau der Interpretation ist fraglos hoch.
So hoch, das manch anderer davon nur träumen mag.
Aber, welchen Spaß macht es, trägen Riesen zuzuhören?

erstellt: 09.09.22
©Michael Rüsenberg, 2022. Alle Rechte vorbehalten