MICHAEL ARBENZ Reflections in D *******

01. Take The A Train (Duke Ellington), 02. African Flower, 03. In my Solitude, 04. Duke´s Place 05. Reflections in D, 06. It don´t mean a Thing, 07. Lotus Blossom (Strayhorn)

Michael Arbenz - p

rec. 07/2021
Eigenproduktion

Vor einigen Wochen sendete eine nicht unbedeutende deutsche Radioanstalt, gestaltet von einer preisgekrönten Autorin, unter dem Motto „Sonic Playground Switzerland“ einen Report über die aktuelle Jazzszene Schweiz.
Wir konnten nicht umhin, playlist und link zur Sendung mit einem guten Freund in Zürich, einem nicht ganz unbekannten Jazzkritiker, zu teilen. Er lehnte ab, nach einem Blick auf die playlist, die Sendung zu hören.
Sie beschrieb nichts von dem, was das geübte Ohr (Achtung schiefe Metapher) als Hochgebirge einer europäischen Jazz-Topographie vermessen hat.
Diese Produktion kam darin nicht vor, zu neu. Aber auch nicht der größere Verbund, aus dem sich hier eine Teilmenge darbietet:
das Trio Vein aus Basel. Es markiert im Jazz der Schweiz eine nicht unbedeutende Erhebung.
Michael Arbenz, einer daraus, Leiter des Instituts für Jazz und Volksmusik an der Musikhochschule Luzern, setzt sich nun also solo an den Flügel. Noch dazu mit einer Perspektive, die nicht ohne zahlreiche historische Vorläufer ist - eine Hommage an Duke Ellington.
Und er kann dem Vorvater durchaus einiges abgewinnen.
cover Arbenz DukeMan kann ihm nicht verdenken, dass er mit einem Schlachtroß beginnt und nicht mit „In my Solitude“.
„Take the A Train“ also.
Es gehört zum Signum einer Produktion, die „Ellington ins 21. Jahrhundert transferieren (will)“, dass sie hier das Thema nicht sogleich herausrückt, sondern in immer anderen Ausschnitten über einen gospeligen Groove verteilt. Dazu gehört auch der Studiotrick, das Tempo stellenweise mit einer zweiten Klavierspur zu erhöhen.
Ja, die beiden Spielhände wandern schön unabhängig durchs Gelände. Erst bei 5:23 von insgesamt 6:53 Dauer wird das berühmte Thema (fast) vollständig enthüllt.
Arbenz´ „African Flower“ stattet einzelne Noten mit genau kalkulierten kurzen Echos aus.
Sie sind quasi auch Vor-Echo für die rasenden Minimal-Patterns in „Duke´s Place“, die sich dann mehrspurig in loops zu einem ganzen Schwarm ausbreiten.
Da bleibt absolut nichts mehr von dem alten „C Jam Blues“, als welcher das Original auch bekannt ist.
Diese Attacke kann nur eine Ballade ablöschen. Da kommt sie auch schon: „Reflections in D“, eine rubato Ballade.
Und dann greift Michael Arbenz noch einmal - wie schon in „Take the A Train“ - in die Groove-Kiste: "It don´t mean a Thing".
Die linke spielt ein riff, das das Original nicht kennt, die rechte übernimmt das Thema, aber klangfarblich mit Filter- und später auch Dub-Effekten.
Arbenz aber ist zu sehr Pianist, als dass er sich ein paar perlende Durchläufe ohne jeden Effekte versagte. Er hält das Stück geschickt auf zwei Ebenen, lässt mal die eine, mal die andere durchdringen: reale, voll-tönende Jazz-Ausführung und deren clubbige Ausschmückung.
Wo Ellington da oft auch Strayhorn. Insoweit ist letzteres großer Standard „Lotus Blossom“ ein stimmiger Abschluß. Ohne jeden Effekt.

erstellt: 21.03.23
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