DORAN-STUCKY-STUDER-CLARKE Jimi ******
1. Spanish Castle Magic (Hendrix), 2. Stone Free, 3. Castles Made of Sand, 4. Purple Haze, 5. Fire, 6. Voodoo Child, 7. If 6 was 9, 8. The Wind cries Mary, 9. Manic Depression, 10. Crosstown Traffic/Message to Love, 10. Little Wing
Christy Doran - g, Fredy Studer - dr, perc; Erika Stucky - voc, Kim Clarke - bg, voc
rec 17.10.2004
SunnyMoon/double moon DMCHR 71048; LC-Nr 01221
"Man kann Hendrix nicht kopieren", schreibt Bert Noglik in den liner notes, "man kann ihn nur im Geiste der Tradition neu erfinden."
Gut gebrüllt, Löwe! Aber ist denn dafür Christy Doran der richtige Mann? Is he up to the job?
Der erste Anlauf des in der Schweiz lebenden Iren zu diesem Thema, 1993, ist nicht gerade in guter Erinnerung, ja jener "Jimi" dürfte eine der am wenigsten inspirierten Aufnahmen sein, an denen Django Bates mitgewirkt hat.
Und nun auch noch - statt Phil Minton - Erika Stucky, eine Musikerin, deren Eignung als Sängerin mit jeder Performance hinausgezögert wird. Der Elchtest, ob sie im Kern eines gestalteten vokalen Ausdrucks fähig ist und sich nicht in jenem Cappucino-Schaumschlagen erschöpft, der bei den seriösen Vertreterinnen dieses Faches gratis abfällt, steht noch aus.
Aber, lassen wir Erfahrungen & Vorurteile beiseite, so fällt als erstes die Besetzung des Bass-Postens mit einer Person aus der zweiten Reihe auf. Aus der zweiten amerikanischen Reihe, wohlgemerkt, und das bedeutet fast immer etwas Positives! Hier in Gestalt von Kim Clarke, wir kennen sie aus Jahren im Umkreis von Defunkt. Clarke slapt uns nix vor, sie beherrscht solide ein Arsenal von Grundtechniken, und das ist im Verein mit einem Schweizer Schlagzeuger (der ja eher einer klangfarblichen Tradition entstammt) allemal eine günstige Konstellation.
Der Auftakt "Spanish Castle Magic“" mit leichter rhythmischer Irritation im Thema, verrrät wenig von dem, wohin der Hase denn nun laufen wird. Track 2 dann, "Stone Free" demonstriert, dass Doran nicht zweimal in den gleichen Fluss steigt, das ist nun wirklich ein anderer Christy Doran,;das ist derjenige, der sich in den letzten Jahren mit seinem Ensemble New Bag quasi neu erfunden hat. "Stone Free" kommt als uptempo Blues im Stile von Police daher, re-harmonisiert und - um es vorwegzunehmen - es wird nur noch übertroffen von "Fire". Studer legt dort ein drum´n´bass-pattern vor und Clarke eine walking bass-Figur - eine wunderbare Kombination! Doran schleicht lange mit Streichel-Akkorden um die Hauptsache herum...bis das spannungsreiche Intro nach knapp 2 Minuten endlich in das Haupt-Riff mündet.
Stucky hat bis dato noch wenig falsch gemacht; ja, ihr Sprechgesang stellt die Texte besser heraus als Hendrix´ Nuscheln dies je vermochte, und in "Castles made of Sand" kontrastiert ihr reales Rückwärtssingen gut mit den reverse sounds aus Doran´s Fusspedalen.
Im Intro zu "Voodoo Chile" geht dann die alte Nervensäge mit ihr durch, das Görenhafte, das sich zuvor noch in den weiblichen Nachvollzug der Original-Texte gestellt hat, die Sängerin, die ausser special effects keine Fundierung hat. In den Schlusstracks wird sie regelrecht falsch singen, in "If 6 was 9" per Harmonizer von Minney Mouse bis zu Frankenstein durch die Oktaven fallen und in "Manic Depression" ein peinliches Drama simulieren ("I am very sad"), das gottlob von dem Instrumental-Trio in einem dramatischen Umgang mit dem Original 6/8-Takt aufgefangen wird.
Doran hat in seiner Combo New Bag doch einen kleinen Vokalmeister zur Seite (Bruno Amstad); warum nimmt er nicht den? Warum verzichtet er nicht überhaupt auf Gesang? Das Kern-Trio hat Bestand genug.
Und wenn wir lesen, bei der kommenden Tournee werde Kim Clarke durch Jamaaladeen Tacuma ersetzt, so ist das eine gute Nachricht für diejenigen nur, die im Konzert auf ihren Ohren zu sitzen pflegen.
erstellt: 19.10.05
©Michael Rüsenberg, 2005, Alle Rechte vorbehalten