Robert Glasper ist ein guter Pianist und ein noch viel besserer Groovemeister (vor allem wenn er Chris Dave zur Seite hat).
Robert Glasper ist zugleich ein lausiger Kenner der Jazzgeschichte und ein furchtbarer Jazztheoretiker.
„Jazz hat aufgehört, sich weiterzuentwickeln, hat den Anschluss an die Gesellschaft verloren.“
Wo hört/druckt man dergleichen gern? Richtig, in der SZ.
Vorgestern noch hat im selben Blatt Hans Leyendecker Äußerungen des neuen BND-Chefs als „Geschwurbel“ erkannt, heute weiss einer der SZ-Feuilletonchefs im Interview mit Glasper dem Geschwurbel des jungen Mannes aus Houston wenig entgegenzusetzen.
Würden nicht auch in der Rockmusik die alten gefeiert und die Jungen klängen wie die Alten? Glasper: „Aber im Rock blickt man auf die sechziger und siebziger Jahre zurück. Das hat durchaus noch gesellschaftliche Relevanz. Im Jazz schauen wir auf Louis Armstrong zurück. Da gibt es keine Verbindung mehr zum Hier und Jetzt.“
Seien wir nicht zu harsch mit ihm: Glasper ist auf Tour, da hat er zwar die Verkaufszahlen seiner Alben auf dem Monitor, auch die Platzierung von „Black Radio“ in den iTunes Jazzcharts; von der Reaktion auf seine Empfehlung, „man sollte dem Jazz den Hintern versohlen“ hat er aber wenig mitbekommen. Wie sollten ihn da die Verläufe der Jazzgeschichte erreichen?
Würde ihm etwa iTunes erzählen, dass alles das, was er jetzt für „Black Radio“ reklamiert, nämlich die Verbindung von Jazz und Hip-Hop, vor 20 Jahren beispielsweise ein gewisser Foley (aus dem Umkreis von Miles Davis) eingelöst hat?
Glücklicherweise zieht die SZ diesmal nicht den auf ihren Seiten beliebten Vorwurf heran, er wolle sich doch nur ein Stück aus dem großen Kuchen abschneiden.
PS: Vor Jahren und immer wieder Wynton Marsalis, jüngst - auf viel niedrigerem Niveau - Nicholas Payton und Robert Glasper...
warum eigentlich suchen vorwiegend afro-amerikanische Landvermesser unsere schöne kleine Welt heim, um uns einzubläuen, wo sie anfängt und wo sie aufhört?
©Michael Rüsenberg, 2012. Alle Rechte vorbehalten