Marilyn Mazur, 1955-2025

Marilyn MazurFirst things first: unter allen, die je eine Jazzbühne betraten, auf sie schlurften oder sich ihr Stolz-geschwellt bemächtigten - sie war der freundlichsten eine.
Und wenn Klavs Hovman, ihr Bassist und Witwer, seinen Nachruf auf ihrer Webseite schliesst mit den Worten:
She has been a great inspiration to countless people — not least to female musicians“,
dann hat er sicher kaum übertrieben.
Vier Jahre lang, von 1985 mit Unterbrechungen bis 1989, war es ihr gelungen, auf einer vorher und nachher uneinnehmbaren Zitadelle zu spielen, im Machismo-Lager des Jazzkönigs Miles Davis.
Möglicherweise waren für das, was Hovman meint und was wir mit „weibliches Rollenmodell“ auslegen wollen, dann doch 16 Alben auf ECM, darunter mehrere mit Jan Garbarek, anschaulicher.
Aus gegebenem Anlass, wenn man ein paar Schritte zurücktreten und die eigenen Erfahrungen mit Hilfe derer von anderen ergänzen muss, werden die Umrisse einer frappierenden Karriere sichtbar. Garbarek und Davis, das sind schon Pole, aber das Feld weitet sich noch mehr, wird geradezu bizarr, wenn man - neben etlichen Skandinaviern wie Pierre Dørge oder Jon Balke - Eberhard Weber hinzufügt,
Wayne Shorter, Gil Evans, Charlie Mariano, Andreas Vollenweider sowie … Peter Kowald („Duos Europa“, 1991) und die Feminist Improvising Group.
Das große Arsenal an Perkussionsinstrumenten hat sie sich weitgehend autodidaktisch erarbeitet. Es war ein Abschied peu a peu von den Rollen als Pianistin und Tänzerin, in Kopenhagen.
Dorthin war sie im Alter von 6 Jahren mit der Familie gezogen, aus Gründen der Rassendiskriminierung hatte die Tochter einer polnisch-stämmigen Mutter und eines afro-amerikanischen Vaters (Stefan Hentz hat´s in seiner kommenden Miles Davis-Bio genau anders herum) mit ihren Eltern und ihrer Schwester das heimische New York verlassen.
Aus Tournee-Gründen ist sie in den 80ern vorübergehend dahin zurückgekehrt. Die Entdeckung durch Miles Davis geschah in Kopenhagen, es war eigentlich eine Empfehlung durch Palle Mikkelborg, der um seinen berühmten Kollegen für das Album „Aura“ ein dänisches Team (plus US-Gäste) geschart hatte.
Sie wurde mit etlichen Preisen ausgezeichnet, darunter die renommierten Ben Webster Prize (1983) und Jazzpar (2001).
Ihre letzte Band war, ähnlich wie in den Jahrzehnten zuvor die Feminist Improvising Group, eine reines Frauenensemble, darin u.a. Josefine Cronholm und die aufstrebende Hildegunn Øiseth.
Marilyn Marie Douglas Mazur, geboren am, 18. Januar 1955 in New York City, verstarb „nach langer Krankheit“, wie es heisst, am 12. Dezember 2025 in Kopenhagen. Sie wurde 70 Jahre alt.

erstellt: 16.12.25
©Michael Rüsenberg, 2025. Alle Rechte vorbehalten