Mtume, 1946-2022

James Mtume Ted Talk 1Dass in der New York Times der Pop- und nicht der Jazzkritiker den Nachruf schreibt, ist kein Zufall.
Aus letzteres Zuständigkeitsfeld hatte er sich schon lange verabschiedet, spätestens seit 1983, seit seinem Soul-Hit „Juicy Fruit“. Wer dies jetzt nachhört, weil ihm der Künstler schon vorher aus dem Fokus geraten ist, der muss sich doch sehr wundern, warum dieses blasse Etwas in 100 weitern Songs gesampelt worden sein soll.
Dieses „vorher“, das ist für Jazzohren interessant. Denn es fand auf höchsten Höhen statt: zwischen 1971 und 1975 bei Miles Davis.
Studio-Einstieg für ihn war nicht wie nun vielfach reportiert das Album „On the Corner“. Einstieg für ihn war am 9. März 1972 das Columbia Studio C in New York City für „Red China Blues“, veröffentlicht erst später auf „Get up with it“, 1974.
An den eigentlichen „On the Corner“-Sessions im Juni 1972 ist er nicht beteiligt, erst wieder im September 1972 bei „Rated X“, gleichfalls auf „Get up with it“.
Dort (aufgenommen am 7. Oktober 1974) ist auch ein Namensstück entstanden „Mtume“, ein ungemein drängender Zappelfunk mit viertaktigem swing-Einschub. Wenn man erwähnt, dass dort drei Gitarristen wha-wha schrubben, die offene hi-hat von Al Foster neben Mtumes Percussion-Gebimmel, unter Bodenhaftung von Michael Hendersons Baßgitarre - lässt einen schon die Imagination nicht mehr ruhig sitzen. Ein absolut zeitloser Aufreger.
James Forman, geboren am 3. Januar 1946 in Philadelphia, ist der leibliche Sohn des Saxophonisten Jimmy Heath (1926-2020), seinen bürgerlichen Namen hat er von seinem Ziehvater James „Hen Gates“ Forman, einem Jazzpianisten.
Seinen Namen Mtume („der Botschafter“ in Swaheli) bekam er in einer black nationalist group; er behielt ihn, als er 1969 die Organisation verließ.
Als Miles Davis ab 1975 für mehrere Jahre pausiert, schließt er sich mit dem Davis-Gitarristen Reggie Lucas der Band von Roberta Flack an, ein Stück der beiden wird ein Hit für sie. Es folgt, s.o., eine Karriere abseits des Jazz.
James „Mtume“ Forman ist am 9. Januar 2022 in South Orange/New Jersey an Krebs gestorben, wenige Tage nach seinem 76. Geburtstag.

Foto: Ted Talk, 2019
erstellt: 14.01.22

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