COURTNEY PINE Devotion *****

1. Intro - Release (Courtney Pine), 2. Sister Soul (Pine), 3. Devotion, 4. Bless the Weather (J. Martin), 5. Interlude - The Saxophone Song (Pine), 6. Osibisa, 7. Translusance, 8. U.K., 9. Interlude - Karma, 10. When the World turns blue (Joe Sample, Will Jennings), 11. Everyday is everyday (Pine), 13. Outro - With all my Love

Courtney Pine - ss, as, ts, bars, bcl, fl, keyb, progr, voc; David McAlmont, Carleen Anderson - voc, Cameron Pierre - g, Peter Martin - b, bg; Robert Fordjour - dr, perc; Thomas Dyani - perc, Byron Wallin - tp, Dennis Rollins - tb, Robert Mitchell - p, Sheema Muhkersee - sitar, Yousuf Ali Khan - tabla

rec 06/2003
in-akustik/Telarc CD-83621

Lange nichts mehr gehört von Courtney Pine. Lange nichts mehr gehört vom führenden Exponenten des
Black British Jazz. Drei Jahre, vom Produktionszeitraum gerechnet, liegen zwischen seinem neuen und seinem letzten Album "Back in the Day" (2000). In dieser Zeit, wie kaum anders zu erklären, hat Pine das Label gewechselt und ist nun beim amerikanischen Telarc.
Dort öffnet man zwar jüngst das stilistische Panorama, aber dass Courtney Pine dort mit seinen avancierten Ambitionen würde landen können, war nicht zu erwarten. Courtney Pine ist ein
Alleskönner. Er verfügt über das ganze Vokabular von Hardbop bis Free, er kennt sich im schwarzen Pop aus; seine Saxophon-Technik ist stupend, zur Not bedient er das Saxophon wie ein Zirkuspferd, schreitet spielend durchs Publikum und schüttelt die Hände derer, die ihn bewundern.
Courtney Pine ist ein Alleskönner - und das ist sein
Problem. Bei ihm kann man (fast) alles bestellen und erhält es in höchst professioneller Ausführung. "Devotion" klingt, als habe Telarc eine tour d´horizon durch black britain geordert, aber nach dem Motto "Wasch´ uns den Pelz, aber mach´ uns nicht nass!" Also zieht Courtney los und findet in jedem Vorort etwas Anderes: eine tolle Ska-Nummer (das Titelstück), eine Widmung an den Afro-Rock von "Osibisa", Indo-Fusion mit einem Schuss Rock ("Translusance"), Eddie Harris in the "UK" (der war wirklich mal dort und hat u.a. mit Musikern von Yes gespielt), den einen oder anderen Soul-Song, Streichquartett obendrein ("When the World turns blue") und ja sogar eine Verbeugung vor dem Blues, wie ihn weiland Georgie Fame And The Blue Flames im "Flamingo" gepflegt haben ("Everyday is everday").
Das ist unterhaltsam, das ist ein Produkt für den täglichen Gebrauch, das können die hippen Kader in ihren Ateliers laufen lassen.
Wer aber den "alten" Courtney noch im Kopf hat, der mühelos in einem Kontext von
Kenny Kirkland, Jeff Tain Watts und Charnett Moffett mithalten konnte, der einmal den Black British Jazz anführte, der wird sich nicht zufriedengeben damit, dass er seine Talente als musiktouristischer Fremdenführer feilbietet.
Mit anderen Worten: wäre die Ausführung hier nicht so hyper-professionell, gäbe es für den konzeptionellen Ertrag noch weniger Punkte.
Wo´s ertragreicher wäre, das lässt Courtney in den letzten zweieinhalb Minuten anklingen, einer süffig-coolen Brise in hinterfotziger rhythmischer Ordnung: "With all my Love" steht zwar in
12/8, wird aber 3-3-2-4 gespielt!

©Michael Rüsenberg, 2004, Alle Rechte vorbehalten