CHRISTOF LAUER, MICHEL GODARD, GARY HUSBAND Blues in Mind **

01. Un regalo per natale (Godard), 02. The Kite (Christof Lauer), 03. Pan Fatigue, 04. First Bite (Gary Husband), 05. Suave sospiro (Godard), 06. At least (Christof Lauer), 07. Blues in Mind, 08. Circle, 09. Angels over City Square (Husband), 10. De Cuir et de Cuivre (Godard), 11. One Prayer (Husband)

Christof Lauer
- ss, ts; Michel Godard - tuba, serpent; Gary Husband - p, dr

rec 23.-25.04.2006
ACT 9446-2; LC-Nr 07644

Auf den ersten Blick mutet die Besetzung mutet an, als basiere sie auf einem Einfall von
Joachim Ernst Berendt. Der hatte - von seinen Meriten können wir hier schweigen - mitunter Besetzungen in seiner Redaktionsstube ersonnen, die im Studio nicht funktionierten und bestenfalls das "illustre" Ereignis zu Schau stellten, das einer Addition ihrer Namen entdspricht.
Was sollen
time-Spieler, also Musiker mit einer eher "amerikanischen" Konzeption wie Lauer und Husband anfangen mit einem gewissermaßen "doppelt" europäischen Musiker wie Michel Godard? Von dem man jede Menge Klangfarbliches erwarten darf, aber keine rhythmische Präzision - jedenfalls keine, die einem Kraftpaket wie Gary Husband das Weisser reicht.
Wer in Lauers Discographie blättert (oder auch nur auf den Boden dieses Digipacks schaut), der entdeckt, dass Godard gar nicht das Exotikum in diesem Trio ist - Lauer hat ihn 1998 schon auf "Fragile Network" eingesetzt, sondern
Gary Husband.
Der Mann gehört zu den Stellvertretern
Tony Williams´ auf Erden, hat im Feuer mit Allan Holdsworth und John McLaughlin gestanden, mit Level 42 und Billy Cobham (als Keyboardspieler); selbiges kann man sich gut auch mit Christof Lauer vorstellen. Aber diese Vorstellung wird hier nicht eingelöst, weil ein Gegenüber fehlt, das mit der Energie dieses Duos mithielte. Ein Michel Godard ist dazu von Instrument und Temperament, auch von der stilistischen Herkunft, nicht in der Lage.
In seinen Stücken dieser Produktion begibt sich das Trio in einen
Semi-Folklorismus, von dem man gerne glaubt, dass er amerikanischen Ohren ein Grauen ist, weil man hier auf feuchtem Stroh herumtappt. Hier kann einfach nichts zünden, was heutigen Jazz-Tugenden entspricht, beispielsweise im Bereich rhythmischer Interaktion.
Hinter dem Rockbeat von "At Least" würde man gerne irgendeneinen nobody, aber niemals Gary Husband vermuten. Auch mit seiner Doppelbegabung als Pianist steht es hier nicht zum besten: seine Ballade "One Prayer" kommt mit einer Inbrunst daher, als hingen die drei völlig erschlafft in den Seilen; da ist nichts, aber auch gar nichts an Spannung, an gemeinsamem Ein- und Ausatmen, an ineinander greifenden Klängen. Lauer läßt wenigstens ein Quentchen von seinen Qualitäten als
shouter erahnen - aber hinten tappt Godard herum, als befände er sich im Ausklang eines Feuerwehrballes.
Auch im Titelstück, wo Lauer das Thema auf verschiedenen Tonstufen sequenziert, schreit er ins Leere - es kommt einfach nix zurück von den Kollegen, keine Feinheiten, kein Esprit.
Sie mögen sich ja gut verstehen - aber sie haben sich nichts zu sagen, jedenfalls nichts, was ein Hörer unter einer guten zeitgenössischen Jazz-Performance zu verstehen bereit ist.
Er bangt mitunter, ob die drei denn auch über die selbstgewählten Distanzen kommen und wünscht sich innigst einen wie
Dieter Ilg herbei, der Godard erlöste. Lauer, Husband & Ilg - die flögen nur so davon!

erstellt: 17.01.07

©Michael Rüsenberg, 2007, Nachdruck verboten