PETER EHWALD Double Trouble *******

01. In Gent (Ehwald), 02. Speed Dating, 03. Middledrone, 04. Double Trouble, 05. Bohdan, 06. Teheran, 07. Opener, 08. Lehrseitenballade,  09. Glory, 10. Bass Ticket

Peter Ehwald - ss, ts, Robert Landfermann - b, Andreas Lang - b, Jonas Burgwinkel - dr

rec. 06.+07.06.2011
jazzwerkstatt 133, LC 15217

„Double Trouble“. Wie ein jeder weiss, wird der Begriff in der Musik nicht zum Nennwert genommen, nicht mal im Blues (wo der Kerl angeblich zwischen zwei Weibern sich nicht entscheiden kann). Wer also im Jazz mit „doppeltem Ärger“ droht, der will in Wirklichkeit das Gegenteil annoncieren.
Und wer wie Peter Ehwald aus dem tiefsten Friedrichshain die derzeit beste deutsche Rhythmusgruppe hinter sich stellt - nämlich Robert Landfermann und Jonas Burgwinkel -, der kann dabei so viel falsch nicht mehr machen. Vor allem nicht, wenn er kein Harmonie-Instrument dazu wählt, sondern einen weiteren Kontrabass. Bedient von dem Dänen Andreas Lang, der auf der Bühne für gute Laune sorgt. Er lächelt, ja lacht verdächtig häufig; aber es kommt darin nicht Buhlen ums Publikum zum Ausdruck, sondern Freude über gelingende Momente.
Und deren gibt es live zuhauf. Selten hat man eine deutsche Combo erlebt, die den Moment so auskostet, die manchmal geradezu aus Übermut agiert, ohne dass etwas in die Hose geht. Die Abschweifung mag noch so groß sein, vom punkigen „Speed Dating“ bis zum Ellingtonesken „Teheran“ - die Themenköpfe sitzen immer, auch weil der Drummer, der vielbeschäftigte, über weite Strecken die Form mitliest. Selten auch eine deutsche Combo erlebt, die alles kann, was sie will.
cover-ehwaldAls die Band im März 2013, also fast zwei Jahre später, vor Publikum, an den Ort der Aufnahme zurückkehrt (das Loft in Köln-Ehrenfeld), da sind alle Farben dieser Produktion deutlicher. Das ist ja die Crux einer solchen Band, die nur von Fall zu Fall zusammen kommt, dass am Anfang ein Album stehen muss, um Jobs zu bekommen.
Vor allem die Balladen sind live viel deutlicher konturiert; Ehwald hat bei gedämpfter Dynamik einen schönen dunklen Ton, ein wenig Joe Lovano schimmert da durch.
Die beiden Bassisten sind gleichermaßen intonationssicher, sie spielen überraschend wenig arco, gestrichene Passagen, hier einzig in dem leicht rockenden opener „In Gent“. Manchmal spielen sie in Nuancen abweichend Ähnliches, wie in dem swing-Shuffle „Opener“ oder der rasanten Free-Nummer „Bohdan“, wo sie zielstrebig den zu erwartenden Aha-Effekt ansteuern: ein kraftvolles, kaum nterscheidbares Grummeln, noch potenziert durch den Drummer (ja, Burgwinkel kann auch free).
Live ist eine wunderbare Struktur in Erinnerung, wo Lang die Linien des Tenors mitzeichnet und Landfermann in halbem Tempo mit vielen glissandi grundiert. Das Stück scheint hier zu fehlen.
Dass immer wieder auf den Bühneneindruck rekurriert wird, hat einen ersichtlichen Grund: Peter Ehwald hat mit diesem Album eine schöne Visitenkarte eingereicht, live macht er mit denselben Leuten action painting.
Das nächste Album muss ein Live-Album sein.

erstellt: 25.03.13
©Michael Rüsenberg, 2013. Alle Rechte vorbehalten