Ach, Helge!

 Das Orakel aus Mülheim an der Ruhr hat gesprochen, bei „Maischberger“ am 8.2.23.
Helge ZitatViele meinen, damit sei der Vorwurf der kulturellen Aneignung aus der Welt.
Einen Tag später nistet sich der Gedanke erneut ein, im Feuilleton der „Zeit“, durch Jens Balzer, der mit seinem Buch „Ethik der Appropriation“ vorgeblich die Lage sondieren will - durch allerlei Gedankenstolpereien den unsinnigen Vorwurf aber immer wieder aufs Neue verfestigt.
Sein jüngster Bocksprung geht so: die Sängerin Beyoncé bedient sich für ihr Album „Renaissance“ „ausgiebig bei der House-Musik (…), die in den Achtzigerjahren in Chicago von Schwulen Männern erfunden wurde“.
Keiner dieser Männer hat je einen Grammy erhalten, „da musste erst eine heterosexuelle Cis-Frau kommen“ - vulgo laut Balzer: „ein exemplarischer Fall von ´kultureller Aneignung´“.
Nächster Schritt: Beyoncé singt bei einer Hotel-Eröffnung in Dubai (Gage mutmaßlich 24 Mio Dollar), in jenem Land werden homosexuelle Handlungen mit Gefängnis bestraft.
Vulgo laut Balzer: „Keiner von den Männern (s.o.) würde es wagen, einen Fuß dorthin zu setzen, wo sie ihre Millionen verdient“.
Ein shitstorm bleibt aus, Balzer bedauert das Nicht-Funktionieren von Cancel-Culture („…ist ein Phantom“), sein Schluß: „in der Musikindustrie (ist) alles beim Alten. Es herrschen dort nicht Politik und Moral, sondern Opportunismus und Gier“ - quod erat demonstrandum.
Helge also (Das Erste kennt ja kein Personal aus dem Jazz) pariert mit subjektivistischem Nihilismus die Frage, ob man als weißer Mann noch Jazz und Reggae spielen dürfe.
Mit einigem Wohlwollen kann man darin den mystery account erkennen, wie ihn der schottische Jazzforscher Raymond MacDonald bei einigen Jazzmusikern findet („Musik als Überwesen“ = der Musiker lediglich als Ausführender).
Helge Radio Bremen 1Das Orakel aus Mülheim an der Ruhr hat aber noch ein anthropologisches As im Ärmel seines jüngsten Torero-Kostüms. Wenn das Christentum recht habe, dass der Mensch von Adam und Eva abstamme, „dann bin ich alles“.
Ein Argument, das man im Scheißdreck schwerlich finden dürfte. Gewichtig allemal; aber ob man damit so weit gehen sollte wie die FAZ, sei dahingestellt:
„Ein schlagenderes Plädoyer für den Universalismus der Kunst hat das Erste lange nicht gesendet.“

Foto: Radio Bremen
erstellt: 10.02.23

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