What you have missed: 15 Jahre Dell/Lillinger/Westergaard, Loft, Köln

Vor Monaten schon hieß es, zum Jubiläum würden sie „plus guests“ antreten.
Tags zuvor taten sie das auch mit Bob Degen, p, in Frankfurt, ein paar Tage später darauf ebenfalls in Neuburg am Inn.
Im Loft, Köln, dann - no guests.
Kleiner Spoiler: wenn eine Band sich selbst genügt, dann Dell/Lillinger/Westergaard.
Das set up: wie immer bei D/L/W eng verschränkt, mit Blickachsen der Musiker zueinander, das Publikum kreisförmig drumherum.

dell lillinger westergaard Loft 2025

Als Christopher Dell sich nach zweimal gut 30 Minuten bedankt, beim Loft, beim Publikum, mit dem Zusatz, es sei in diesen Zeiten „auch politisch“ wichtig, „geminsam miteinander Zeit zu verbringen“, beschriftet er damit eine kollektive Erfahrung, die - gänzlich unpolitisch, als quasi anthropologisches Momentum, überzeitlich - chronologisch gerade zu Ende gegangen ist.
Aber unter diesem nicht-spannungsarmen Motto fortlebt.
Wie immer starten D/L/W mit Tönen in „großem“ zeitliche Abstand zueinander. Als Geflecht beschrieben, wäre dies ein Gebilde mit Lücken. Die Tonhöhen, die Klangfarben - Zufall, freimetrisch.
So kann man es hören und verstehen - und genießen. 

lillinger 25 loftMehr als sonst aber wundert sich die Jazzpolizei über deutlich erkennbare Bewegung der Mundmuskeln. Christian Lillinger scheint Christopher Dell etwas mitzuteilen, lautlos. Auch dieser „spricht“, ebenso stumm wie Jonas Westergaard, letzterer weniger durchgängig.
Handelt es sich hier um eine andere, eine weniger manifeste Form der Verschränkung der Stimmen, im Gegensatz zu der offenkundigen, der instrumentalen Ebene? Eine Verständigung auf „höherer“ Ebene? Die Bekundungen älterer amerikanischer Jazzmusiker mögen einem einfallen, die erläutern, ohne das lautlose Mitsummen der lyrics funktioniere das Spielen von Standards nicht.
Ach, wären wir doch firm in der Kunst des Lippenlesens, dann hätten wir viel früher entdeckt, dass Christian Lillinger (was dieser später bestätigt) zählt.
Und Christopher Dell auch („aber anders“). Sie mimen die Zählzeiten von Takten. Nicht zufällig tragen mehrere Alben des Trios ja den Titel „Beats“.

---wird fortgesetzt

Fotos: Gerhard Richter
erstellt: 27.11.25
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